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Keine Speicherung erlaubtKoalition stoppt Surfer-Protokolle

Die Speicherung der IP-Adressen beim Ansehen von Webseiten bleibt vorerst illegal. Nur ein Bundesamt soll IP-Adressen speichern dürfen.

Viele Webseitenbetreiber speichern die IP-Adressen der Internet-Nutzer. Bild: dpa

FREIBURG taz Die Proteste von Datenschützern und Bürgerrechtlern hatten vorläufig Erfolg. Die Protokollierung von IP-Adressen auf Webseiten wird zunächst nicht legalisiert. Die von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) geplante Änderung des Telemediengesetzes wird in dieser Wahlperiode nicht weiter verfolgt. Das bestätigten Koalitionskreise gegenüber der taz.

Viele Webseitenbetreiber speichern heute schon die IP-Adressen der Internetnutzer, die sich ihre Seiten ansehen. Dies dient statistischen Zwecken und der Abwehr von Hackerangriffen. Die IP-Adresse wird vom Provider bei der Einwahl ins Internet vergeben und besteht aus bis zu 12 Ziffern.

Nach Auffassung von Bürgerrechtlern wie Patrick Breyer vom AK Vorrat ist dies illegal. Er hat auch schon entsprechende Gerichtsurteile erstritten. Deshalb wollte die Bundesregierung die weitverbreitete Praxis legalisieren. Der AK Vorrat rief jedoch zu Protesten auf. Das Surfverhalten der Bürger dürfe nicht protokolliert werden.

Jetzt hat die Koalition vorerst nachgegeben. Das Vorhaben soll erst nach der Bundestagswahl wieder aufgenommen werden. "Wir wollen das nun nicht übers Knie brechen, die Bedenken der Datenschützer müssen ernsthaft geprüft werden", erklärte ein Unions-Abgeordneter. Die geplante Änderung des Telemediengesetzes war auch nur ein Anhängsel zu einem größeren Vorhaben, das der Koalition wichtiger ist: die Reform des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).

Das BSI soll künftig drei Monate lang bei allen Bundesbehörden die Protokolldaten der Internetseiten und des Mailverkehrs speichern und auswerten dürfen. Dies dient laut Gesetzentwurf nur der Abwehr von Spionage und Angriffen mit "Schadprogrammen".

Doch auch hiergegen protestierte Patrick Breyer vom AK Vorrat: "Es besteht die Gefahr, dass hochsensible Informationen über unsere Internetnutzung versehentlich abhanden kommen, veröffentlicht werden oder absichtlich zweckentfremdet werden."

Immerhin sieht das Gesetz auch die Weitergabe von Daten an Polizei und Verfassungsschutz vor, wenn dies der Abwehr von Gefahren dient.

Die Koalition will nun auch hier nachbessern. Erst am Donnerstag sprachen Koalitionsexperten darüber, dass man die Daten vor der Speicherung auch anonymisieren und pseudonymisieren könne. Endgültige Entscheidungen sollen noch im Mai fallen. Das BSI besteht seit 1991 und hat seinen Sitz in Bonn.

CHRISTIAN RATH

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9 Kommentare

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  • H
    Holger

    Um Hackerattacken zu protokollieren? Ich glaube Hacker deren IP man noch zuordnen kann, sind wohl im falschen Metier...

  • GG
    Gerry Galaxy

    Eine bitte um eine kleine Korrektur der Bildunterschrift, falls ich den Artikel nicht falsch verstanden habe... das "viel" durch "Fast alle" ersetzen.

    Falsch: "Viele Webseitenbetreiber speichern die IP-Adressen der Internet-Nutzer."

    Richtig: "Fast alle Webseitenbetreiber speichern die IP-Adressen der Internet-Nutzer."

     

    "bleibt vorerst illegal..."

    Ups, damit sind ja fast alle laufenden Webserver in D-Land seit langem illegal und müßten direkt vom Netz genommen werden, da Apache Webserver standardmäßig Log-Dateien mit IPs aufzeichnen. Z.B. werden dort die Uhrzeit, IP und aufgerufene Webseite gespeichert. Ziemlich böse. Nur ganz wenige nette Provider bieten momentan überhaupt eine anonymisierte Protokollierung an. Jedes kleine Blog auf einem 1,99 EUR Massen-Hosting-Webspace verfügt seit langem über dieses verbotene Feature. Ist hier irgendjemand hinterrücks kriminalisiert worden? Damoklesschwert?

     

    Eher wäre interesant: "Viele Webseitenbetreiber nutzen Ihre IP basierende Log Datei um mittels Abgleich mit dem personalisierten Login der betriebenen Websoftware und der damit verbundenen Kundenakte das Surfverhalten von Personen mit einer speziellen Software auszuwerten.". Der Witz ist: Das Auswerten ist aber scheinbar weiterhin erlaubt wenn die IP dabei anonymisiert wird... ok man hat ja den Namen vom Kunden, ihm ein Cookie gesetzt und ihm eine eigene Kundennummer verpaßt , was will man dann noch mit der IP, die braucht man ja dann eigentlich auch nicht mehr.

     

    Nur ist diese Log Datei doch auch die einzige Möglichkeit der Webseiten Betreiber sich gegen anonyme Störer zu wehren. Ohne diese IP gibts keine Möglichkeit die Störung nachzuweisen. Eine Anzeige gegen Unbekannt ohne Beweismittel wird vermutlich direkt fallengelassen. Mit angelieferter IP könnten die Behörden ja ermitteln. So schützt sich die Justiz eher vor den immer lästiger werdenden Klagen von Webseitenbetreibern gegen Störer.

     

    Das Verbot der Möglichkeit des Webseiten Besitzers zu wissen wer da guckt wäre vielleicht konträr vergleichbar mit dem kürzlich eingeführten Fortschritt die Callcenter-Industrie dazu zu zwingen die Rufnummer überhaupt mitzusenden damit Michel sich wehren kann.

    Analog zum IPloggingVerbot müßte demnächst noch aus Datenschutz rechtlichen Gründen die Anzeige der Rufnummer des Anrufers im Telefon verboten werden. Vermutlich hört man dann von der Justiz: "Nur die Polizei darf die Rufnummern mitschneiden, der Angerufene hat sich dafür nicht zu interessieren. Sie können sich ja mit dem Datum und der Uhrzeit des Anrufers bei der Polizei melden und eine Anzeige erstatten, wenn der Richter dann sein ok gibt bekommen Sie im Rahmen des Strafverfahrens die Nummer und den Namen des Anrufers ausgehändigt, falls es nicht wieder diese technischen Probleme gibt und die Infos aus irgendwelchen Gründen nicht ermittelt werden können *hust*. Geht es überhaupt um Spionage?. nee? Achso nur ungewünschter Werbeanrufterror. Naja, da gibts dann für sie auch keine Infos zum Anrufer. Das wäre zu popelig, sie müssen das verstehen. Die Justiz kann sich ja nicht um alles kümmern. Ach, übrigens weist unsere bundesbehördliche Statisik aus, das Sie öfters als andere mit Firmen telefoniert haben die einen kriminellen Hintergrund haben. Das stellt Sie aber in keinem guten Licht dar. Kann es sein das Sie im Glücksspiel Sektor arbeiten? Und wieso wechselten Sie dauernd Ihren Telefonanbieter hin und zurück? Sehr verdächtig, bleiben Sie doch mal hier...".

  • M
    Michel

    Hallo,

    Das "BSI" speichert schon jetzt alle Verbindungsdaten von denen, die eine Seite des Bundes bzw. einer Behörde aufrufen. Dergleichen werden bei Anrufen, Mails usw. ebenfalls der Inhalt der Nachricht usw... gespeichert.

     

    Gruß an die Überwachung

    Michel

  • M
    mike

    @Heiner Otterstedt. Vollkommen richtig. Ein Webserver loggt und speichert *IMMER* IP-Adressen.

    Deshalb ist die ganze Debatte auch vollkommen am Thema vorbei. Es müßte richtig heißen, wann werden sie *gelöscht*.

     

    Da dies aber keiner kontrollieren kann und Webseitenbetreiber diese IP-Adressen seit Jahren zu statistischen Zwecken auswerten - steht bzw. in den AGB meines Providers - wird hier die Öffentlichkeit - bewusst oder unbewusst - in die Irre geführt.

  • S
    Sebastian

    Wo ist die Datenschutzlobby in diesem Land? In Schweden ist die Piratenpartei die drittgroesste Partei.

     

    In Deutschland werden munter Buergerrechte verkuerzt (BKA-Gesetz mit Onlinedurchsuchungen), Daten bevorrated und der Datenschutz vernachlaessigt (jaja, Herr Innenminister, was ist denn nach dem "Datenschutzgipfel" passiert??)

     

    Statt dessen wir eine Zensurmassnahme, von Guttenberg als "wichtiges" Vorhaben der Grossen Koalition bezeichnet, und einen Generalverdacht gegenueber jedem, der sich mit Computern auskennt und gerne seine Buergerrechte gewahrt haben moechte.

     

    Klasse gemacht. Immerhin ist das jetzt erst Mal vom Tisch. Ist aber ne Kleinigkeit im Verlgeich zu dem, was durchging und noch auf der Agenda steht.

  • K
    Kommentator

    @ Vic:

     

    Ich würde mich - so sehr ich die Person (!) Schäuble hasse - eher von Kritik an Einzelpersonen fernhalten.

     

    Man sollte immer noch mindestens einige andere Namen und Eisntellungen nennen, um das wahre Ausmaß der parlamentarischen Demokratiefeindlichkeit vor Augen zu führen: Wiefelspütz, Geis, Schily, Besckstein, Ziercke u.v.v.m.

     

    Demokratie hat keine Lobby,

    Deutschland bleibt scheiße.

     

    Mfg, Kommentator.

  • HO
    Heiner Otterstedt

    Aha, illegal, ihr nutzt u.a. den Apache Webserver und einen Add-Server. Kann ich tatsächlich davon ausgehen, dass ihr keine IPs loggt???

  • V
    vic

    Ein kleiner, vorläufiger Sieg gegen den Verfassungsfeind Schäuble. Das wird eben nach der Wiederwahl von Mighty Merkel gemacht.

  • M
    Mike

    Was heisst denn "Das BSI soll künftig drei Monate lang bei allen Bundesbehörden die Protokolldaten der Internetseiten und des Mailverkehrs speichern und auswerten dürfen."

     

    Geht es hier um die Aufrufe von Webseiten der Bundesbehoerden? Oder geht es darum, dass alle Bundesbehoerden Aufrufe von anderen Webseiten speichern duerfen? Und um was fuer einen "Mailverkehr" geht es? Interne Mails der Bundesbehoerden? Mails mit Buergern?

     

    Etwas mehr Details waehren hilfreich.