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„Keine Illegalen mehr“

■ Podiumsdebatte über die veränderte Rechtslage von VietnamesInnen

Barbara John, die Ausländerbeauftragte des Senats, stand am Dienstag abend mit ihrer ablehnenden Haltung allein da. „Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte Pham Cong Kinh von der Vereinigung der Vietnamesen Berlin-Brandenburg. Tamara Hentschel vom deutsch-vietnamesischen Freundschaftsverein Reistrommel begrüßte die Entscheidung: „Jetzt werden die Menschen endlich wieder legalisiert.“

Auf der Podiumsveranstaltung der Reistrommel über die Situation vietnamesischer MigrantInnen stand auch das jüngste Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auf der Tagesordnung. Das Gericht hatte Ende September den Klagen ehemaliger DDR-Vertragsarbeiter zugestimmt und entschieden, daß AusländerInnen, die nicht abgeschoben werden können, eine Duldung erteilt werden müsse. Es erklärte damit eine gängige Berliner Praxis für rechtswidrig: Wenn nach Ansicht der Behörden eine freiwillige Ausreise möglich war, wurde den Betroffenen die Duldung nicht verlängert.

Kinh und Hentschel hoffen nun, daß die Duldung für einige der Einstieg in einen besseren Aufenthaltsstatus sein wird. Hentschel: „Genau das wollte Berlin seit Jahren verhindern.“ Die Ausländerbeauftragte will diese Duldungen nicht. Wie bereits kurz nach dem Urteil forderte John noch einmal eine Änderung des Ausländergesetzes, die die alte Berliner Praxis legalisiert: „Wir müssen denen helfen, die wirklich nicht ausreisen können, und dazu gehören die Vietnamesen nicht“.

Bei einer zweiten rechtlichen Veränderung waren die Einschätzungen auf dem Podium einhelliger: Daß die neue Regelung zum Erhalt einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis „sehr spät“ komme und „große Hindernisse“ beinhalte. Bisher wurden den ehemaligen VertragsarbeiterInnen ihre Aufenthaltszeiten in der DDR nicht angerechnet. Acht Jahre müssen sie sich jedoch in Deutschland aufhalten, um eine der Voraussetzungen für den Erhalt einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis zu erfüllen. Ende Oktober tritt eine Änderung des Ausländergesetzes in Kraft. Die neuen Bedingungen sind: eine Arbeit, die den Lebensunterhalt langfristig sichert, ausreichender Wohnraum, keine Straftaten. Sabine am Orde

Eine juristische Bewertung des Urteils und seiner politischen Folgen folgt in der morgigen Ausgabe.

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