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Kein polnisches Memmingen

Warschau (taz) – Prof. Waclaw Dec, bekannter Gynäkologe aus Lodz, wird weder entlassen, noch erhält er ein Berufsverbot oder ein Ermittungsverfahren. Dec hatte im polnischen Fernsehen von der unter Polens Gynäkologen verbreiteten Praxis gesprochen, Abtreibungen aus sozialen Gründen als Fehlgeburten zu kaschieren (siehe „Wahrheit“ v. 15.1.). Da er dabei in der ersten Person Plural („wir“) gesprochen hatte, hatte die Standesvertretung der Ärzte ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet, das im Extremfall zu seinem Ausschluß aus der Organisation und damit zu einem Berufsverbot hätte führen können. Da gleichzeitig jedoch der Vorsitz der Standesvertretung gewechselt hatte und der neue Vorsitzende liberale Ansichten vertritt, wurde das Verfahren eingestellt. Ein staatsanwaltliches Verfahren, das von einer katholischen Lebensschützerorganisation wegen „illegaler Abtreibung, Anstiftung und Dokumentenfälschung“ beantragt worden war, kam gar nicht erst in Gang, weil, so die zuständige Staatsanwaltschaft Lodz, „die Beweisgrundlage fehlt“. Die war einzig die Äußerung des Professors, der sogleich versichert hatte, er greife nicht zu den von ihm beschriebenen Praktiken. Er habe lediglich auf das Umsichgreifen eines „Abtreibungsuntergrundes“ in Polen aufmerksam machen wollen, der durch das Verbot von Abtreibungen aus sozialen Gründen entstanden sei. Diese Verschärfung war vom polnischen Parlament vor 13 Monaten eingeführt worden. Klaus Bachmann

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