: Kein „netter Opi“
■ Erstes Opfer des „Mädchenschänders von Ohlstedt“ mußte vor Gericht aussagen
Im Prozeß gegen den mutmaßlichen „Mädchenschänder von Ohlstedt“ vor dem Hamburger Landgericht ist am Freitag eines der Opfer als Zeugin vernommen worden. Die heute 20jährige schilderte, wie sie im August 1992 von dem Angeklagten überfallen wurde. Der hatte zu Beginn des Prozesses sämtliche Vorwürfe bestritten und damit die Vernehmung der Opfer erforderlich gemacht. Angeklagt ist er wegen Vergewaltigung, Entführung und Kindesmißbrauchs in einem besonders schweren Fall.
Anfangs habe sie den Mann, der sie in seinem Wagen mitnahm, als „netten kleinen Opi“ angesehen, sagte die Zeugin. Dann habe er aber die Hauptstraße verlassen und vor einer einsamen Scheune gehalten, sie aus dem Wagen gezerrt und dabei mit einem Messer verletzt. Sie habe mit gefesselten Händen in den Kofferraum steigen müssen, ihre Augen seien verbunden und sie sei geknebelt worden.
Aber es gelang dem Mädchen, sowohl Knebel als auch Augenbinde abzustreifen. Auch das Messer konnte sie greifen und wegwerfen. Dabei sei es zu einem heftigen Kampf gekommen, der Täter habe gedroht, sie zu töten. Der jungen Frau gelang die Flucht. Zwei neun- und elfjährigen Mädchen gelang sie nicht. Sie hat der 63jährige, so die Anklage, entführt und vergewaltigt – zwei Jahre nach dem Überfall auf die Zeugin.
Im Juli vergangenen Jahres hatte die Kripo den 63jährigen Rentner verhaftet; zehntausende Flugblätter mit einem Phantombild des Täters hatte die Polizei zuvor verteilt, mehr als 4000 Hinweise hatte sie daraufhin erhalten. Ganz Ohlstedt, unterstützt von der Boulevard-Presse, ermittelte. Nun sollen die Aussagen von rund 60 Zeugen und diverse Gutachten mehrerer Sachverständiger Aufklärung bringen über die Taten des ehemaligen Schiffahrtskaufmanns.
Das Verfahren – wenn der Angeklagte sein Schweigen nicht bricht – wird sich voraussichtlich bis zum Herbst diesen Jahres hinziehen. Am kommenden Montag wird der Prozeß fortgesetzt. lno/taz
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