: Kein heißes Eisen mehr bei den Tories
Der Abgeordnete Alan Duncan ist der erste konservative Politiker Großbritanniens, der sich als Homosexueller outet
„Was du getan hast, ist ehrlich und wird keinen Einfluss auf deine politische Karriere haben“, sagte der Parteichef der britischen Tories, Iain Duncan Smith. „Es ist immer schwer für einen Konservativen, zu sagen, dass er schwul ist.“ Alan Duncan, außenpolitischer Sprecher der Tories, ist der erste konservative Abgeordnete, der sich als Homosexueller geoutet hat. Der Times sagte er gestern: „Ich finde, dass man heutzutage vollkommen ehrlich sein muss, besonders als Politiker, auch wenn das anfangs vielleicht unangenehm ist.“ Die Tories seien stets verschämt mit Homosexualität umgegangen. „Macht nichts, aber sag es niemandem“, sei oberstes Parteiprinzip gewesen. „Ich habe aber keine Lust, mit dem Etikett als erster schwuler Tory-Abgeordneter belegt zu werden“, so Duncan. „Ich möchte auch über andere Dinge reden dürfen, ohne mit dieser Sache verfolgt zu werden.“
Duncan räumte ein, dass seine Homosexualität seine politische Karriere in der Vergangenheit behindert habe: „Die Kollegen haben getuschelt. „Sie sagten, ich sei ein heißes Eisen und man solle lieber kein Risiko eingehen.“ Sein Parteikollege Michael Portillo, der einmal als künftiger Premiergehandelt wurde, wurde 1997 von der Boulevardpresse geoutet. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte der frühere Verteidigungsminister seinen Unterhaussitz bei den Wahlen 1997 bereits verloren. Portillo gab später eine homosexuelle Affäre in seiner Jugend zu.
Duncan unterstützte Portillo im vorigen Jahr bei seiner Kandidatur zum Parteichef, doch die Tories sind noch lange nicht reif für einen schwulen Parteiführer. Zwischen den Traditionalisten und den Modernisierern herrschen heftige Flügelkämpfe. Vergangene Woche wurde David Davis, der dem rechten Flügel angehört, von Parteichef Iain Duncan Smith als Vorsitzender entlassen. Nachfolgerin wurde Theresa May, die erste Frau auf diesem Posten. „Wir wollen das Image der Partei verändern“, sagte Duncan Smith’ Sprecher. „Wir wollen die Botschaft verbreiten, dass die Partei nicht mehr im 19., sondern im 21. Jahrhundert lebt.“
Alan Duncans Outing gehört auch zu dieser Strategie. Der arbeitspolitische Sprecher der Tories, John Bercow, sagte gestern: „Duncan sollte für seinen persönlichen Mut geachtet werden. Er ist ein Beleg für die veränderte Haltung der Konservativen Partei. Wir waren zu langsam, um mit der modernen Welt Schritt zu halten. Jetzt tun wir es.“
Duncan wurde 1957 in Rickmansworth geboren. Er studierte in Harvard und Oxford. Später handelte er mit Rohöl und wurde Multimillionär. 1992 zog er als Abgeordneter für Rutland und Melton ins Unterhaus ein. 1990 diente sein Privathaus in Westminster als Büro für John Majors Kampagne, Margaret Thatcher an der Parteispitze abzulösen, obwohl Duncan dem späteren Premier politisch eigentlich nicht sonderlich nahe stand.
Duncan gilt als Liberaler. So tritt er für die Legalisierung weicher Drogen ein. Sein größter Erfolg sei es gewesen, eine entscheidende Rolle bei William Hagues Wahl zum Parteichef gespielt zu haben, sagt Duncan. Hague ist seit der Niederlage bei den Parlamentswahlen 2001 nur noch Hinterbänkler, Duncan rückte in die Parteispitze auf. Er gilt als Nahostexperte, weil er wegen seiner Ölgeschäfte gute Kontakte in dieser Region hat. Sollten die Tories die nächsten Wahlen gewinnen, würde er Außenminister. RALF SOTSCHECK
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