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Kein Zugang für HilfsorganisationenSelbstmordanschlag auf Sri Lanka

Anhängerin der Tamil Tigers tötet mindestens 23 Menschen, darunter auch Frauen und Kinder. Dutzende werden bei Attentat im Nordosten Sri Lankas verletzt.

Die Opfer des Selbstmordanschlages werden medizinisch versorgt. Bild: reuters

COLOMBO taz Im schwer umkämpften Nordosten Sri Lankas hat eine Selbstmordattentäterin mindestens 23 Menschen getötet und Dutzende verletzt. Vermutlich eine Anhängerin des Black-Tigers-Selbstmordkommandos der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) habe sich unter Flüchtlinge aus dem Kampfgebiet gemischt und ihren Sprengsatz am Montag kurz vor Mittag während einer Leibesvisitation gezündet, erklärte die Armee.

Fünfzehn der Toten seien Armeeangehörige gewesen, aber auch acht tamilische Zivilisten seien ums Leben gekommen. Das staatliche Fernsehen zeigte Aufnahmen der getöteten Zivilisten. Unter ihnen waren auch Frauen und Kinder.

Der Anschlag ereignete sich inmitten eines massenhaften Exodus von Zivilisten aus dem Rebellengebiet, der von wenigen Tagen eingesetzt hat. Bereits 20.000 Menschen hätten das verbliebene, nur noch 150 Quadratkilometer große Territorium der LTTE seitdem verlassen, erklärte die Armee. Bestätigen lassen sich diese Zahlen nicht. Die Regierung gewährt nur handverlesenen Journalisten regierungstreuer Medien Zugang zum Kriegsgebiet.

Daher bleibt die Sorge um die geschätzt mehr als 200.000 Zivilisten, die sich noch in der Kampfzone aufhalten. Erst vor wenigen Tagen hinderte die Regierung einen UN-Konvoi daran, Hilfsgüter ins Kriegsgebiet zu liefern. Offiziell sei die Genehmigung an einem Versäumnis des Welternährungsprogramms der UN gescheitert, einen Übergabeort der Lebensmittel und Medikamente im Konfliktgebiet zu benennen, erklärte die Regierung. Ein Regierungsvertreter räumte ein, man sei auch in Sorge, dass die Hilfsgüter in die Hände der LTTE fallen könnten.

Die Lage der Flüchtlinge im Rebellengebiet ist Beobachtern nach katastrophal. Die Vereinten Nationen und das Internationale Rote Kreuz berichten, unzählige Zivilisten kämen bei Artillerieangriffen und Bombardements ums Leben. Auch in die "Sicherheitszone", die das Militär eingerichtet hatte, um den Menschen einen sicheren Aufenthaltsort im Kriegsgebiet zu gewähren, werde immer wieder massiv gefeuert. Das einzige funktionierende Krankenhaus habe nach wiederholtem Beschuss geräumt werden müssen.

Der Propagandaapparat der Regierung dagegen wirft den UN und dem Roten Kreuz Stimmungsmache zugunsten der Rebellen vor. Nach einer entsprechenden Erklärung des Verteidigungsministers versammelten sich am Freitag Anhänger der Regierung vor dem Büro des Roten Kreuzes in Colombo und warfen Scheiben mit Steinen ein.

Regierung und die Rebellen werfen sich gegenseitig vor, für das Leiden der Zivilisten verantwortlich zu sein. Colombo erklärt, die LTTE missbrauche die Menschen als Schutzschilde und hindere sie an der Flucht. Die Rebellen geben an, die Menschen blieben in ihren Territorien, weil sie Angst vor den Regierungstruppen hätten.

Die Wahrheit dürfte dazwischen liegen. Denn es dürfte sich bis ins Rebellengebiet herumgesprochen haben, dass Flüchtlinge von der Regierung in Lager verbracht werden. Die Regierung spricht von "Flüchtlingslagern", in denen sich die Menschen aufhalten sollten, bis ihre Gebiete von Minen gesäubert seien.

Tatsächlich sind die Menschen in diesen Lagern jedoch komplett von der Öffentlichkeit abgeschnitten. Unabhängige Journalisten und Hilfsorganisationen haben keinen Zugang. Auch Abgeordneten der Opposition wurde es nicht gestattet, sich ein Bild zu machen. Die Regierung räumte ein, dass sie beabsichtigt, in den Lagern LTTE-Anhänger dingfest zu machen.

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4 Kommentare

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  • P
    Prasad

    Seit Tagen und Wochen behauptet die singhalesische Regierung, dass sie die tamilischen Rebellen in ein kleines Gebiet im Nordosten eingekesselt hat. Nun sollen diese Rebellen verantwortlich für ein Selbstmordattentat sein.

     

    Dieses Attentat zum jetzigen Zeitpunkt passt eher in die Propaganda des Regimes hinein, um noch intensiver und brutaler gegen die tamilische Zivilbevölkerung vorzugehen.

    Außerdem ist es sehr bedenklich, dass nur systemkonforme Berichterstattungen die Weltöffentlichkeit erreichen.

     

    Von den Übergriffen und gezielten Bombenangriffen der singhalesischen Armee gegen tamilische Zivilisten, auch außerhalb der Kampfgebiete, wird nicht berichtet. Der Einsatz von Streubomben auf tamilische Zivilisten fand in den Medien kaum Beachtung und wurde nicht energisch verurteilt.Die vermeintlichen "Sicherheitszonen", die durch das Militär errichtet wurden, bieten kein Schutz für die Tamilen.Im Gegenteil, aus diesen Schutzzonen werden Menschen verschleppt, gedemütigt, gefoltert und getötet.

     

    Die Weltöffentlichkeit scheint es nicht wahrhaben zu wollen, dass dieser Konflikt in Sri lanka seit ihren Anfängen her ein rassistisch motivierter Kampf gegen die Tamilen ist und nicht nur ein Kampf gegen die Rebellen.

  • S
    Sri

    Das Selbstmordattentat wird sofort mit der LTTE in Verbindung gebracht. Es kann durchaus auch anders gewesen, dass die Selbstmordatttentaeterin gezwungen wurde sich an diese Stelle in die Luft zu sprengen. Aus Augenzeugenberichten wissen wir, dass viele Frauen aus der sogenannten "Sicherheitszone" von den Soldaten unter dem Vorwand, sie verhoeren zu wollen, abgefuehrt, vergewaltigt und anschliessend umgebracht wurden.

  • N
    Nalliah

    Hallo, ich geben meinem Vorgänger vollkommen recht. Es ist niemals möglich, dass jemand von der LTTE ohne vorher untersucht zu werden, in die Nähe des Camps kommt. Die REgierung schiebt den Rebellen alles in die Schuhe. Das Einzige was man glauben kann, ist wenn mal internationale Medien die Möglichkeit hätten, sich das Gebiet anzuschauen.

  • S
    Sivarajah

    Hallo,

    ich weiß nicht was dort abgespielt hat. Aber ich würd nicht sofort jemanden beschuldigen, ohne beweise. Ich sprech für die Seite von den Zivilisten, unnötig sterben Menschen an dem Krieg.Das kann doch nicht sein das die Regierung die LTTE als Schutzschilder nimmt und die Zivilisten ohne Hilfsgüter ausroten lässt.Sind den Hilfsorganisationen auch Terroristen???Wir Tamilen möchten, dass die Flüchtlinge im Lager geholfen werden. Wir wissen wie die Regierung mit denen umgeht, wir haben es alle selbst am eigenen Leib miterlebt.Egal wer Recht hat, aber die Zivilisten sollen Hilfe bekommen.Bitte nutzen Sie Ihre Position und helfen denen!