Kauf von EnBW-Anteilen: "Spätzle Connection" wieder aktiv
Stefan Mappus beauftragt einen engen Parteifreund mit der Abwicklung des EnBW-Kaufs. Eine Ausschreibung gibt es nicht, die Kosten für das Land sind unklar.
Der Einstieg beim Energieversorger EnBW könnte für das Land Baden-Württemberg noch teurer werden als ursprünglich geplant. Statt der von Ministerpräsident Stefan Mappus benannten Summe von 4,67 Milliarden Euro könnten am Ende Zahlungen von fast 6 Milliarden Euro auf das Land zukommen. Das hat Mappus am Dienstag nach einer Sitzung des Finanzausschusses im Landtag bestätigt.
Der Hintergrund: Aus formalrechtlichen Gründen muss das Land auch den Kleinaktionären ein Kaufangebot zu den gleichen Konditionen unterbreiten wie dem französischen Staatskonzern EdF, der zuletzt 45 Prozent der Aktien hielt. In welchem Umfang die Kleinaktionäre das Angebot annehmen, ist allerdings offen.
Wenn Mappus Rechnung aufgeht, wonach der Kauf sich allein durch die Dividende der Aktien finanziert, wäre der Mehrpreis kein Problem. Der Ministerpräsident kalkuliert folgendermaßen: Die zuletzt gezahlte Dividende von 1,50 Euro pro Aktie ergibt bei einem Kaufpreis von 41,50 Euro eine Dividendenrendite von rund 3,6 Prozent. Solange die Aktie eine unveränderte Dividende abwirft, geht das gut. Aber das ist pure Spekulation, weshalb die Financial Times Deutschland bereits formulierte: "Mappus macht auf 'Heuschrecke'."
Denn sinkt der Ertrag der EnBW, muss am Ende sehr wohl der Steuerzahler für den Kauf aufkommen. Und das ist nicht ausgeschlossen, weil die EnBW derzeit massiv unter Druck steht, unter anderem durch zahlreiche Städte im EnBW-Gebiet, die eigene Stadtwerke gründen wollen; auch in Stuttgart wird dies diskutiert. Am Mittwoch will Mappus zu dem EnBW-Geschäft eine Regierungserklärung abgeben.
Für noch mehr Unruhe als das Finanzkonstrukt sorgt unterdessen in Stuttgart ein pikantes Detail des Aktienkaufs: Die Investmentbank Morgan Stanley erhielt ohne Ausschreibung den Auftrag für die Abwicklung des Milliardengeschäfts. Das lässt aufhorchen, weil der Deutschland-Chef von Morgan Stanley, Dirk Notheis, einer der engsten politischen Freunde von Mappus ist.
Notheis war in den neunziger Jahren Landeschef der Jungen Union und ist heute noch Mitglied im CDU-Landesvorstand. In der Stuttgarter Presse wird er bereits als "Mappus-Zwilling" bezeichnet.
Die Opposition sieht daher bei dem EnBW-Kauf wieder einmal die "Spätzle-Connection" am Werk, also schwarzen Filz der Stuttgarter Art. Die SPD spricht schon von einem Untersuchungsausschuss, der die Hintergründe des Aktienkaufs aufklären soll. Die Grünen werfen die Frage auf, warum nicht die Landesbank LBBW oder ein Konsortium baden-württembergischer Banken mit dem Geschäft betraut wurde.
Das Staatsministerium rechtfertigt sich unterdessen damit, dass die Vergabe "im Einklang mit dem Vergaberecht" stattgefunden habe. Es sei legitim, dass eine solche Transaktion vertraulich angebahnt und vorbereitet werde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid