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■ KolumneKatzen im Park

Zweimal im Stadtpark gewesen, vorletztes Wochenende. Gewundert. Big Cat soll ja wohl sowas wie die Zukunft des Rock'n'Roll präsentieren, Bands wie Pavementetwas völlig Neues, Andersartiges machen. Für die ersten drei Gruppen kam ich leider zu spät. Mercury Revdann, die Nicht-Big-Cat-Band dieses Big-Cat-Festivals, hatten als Idee eine echte Flöte dabei. Wow! Auf Platte funktioniert ihre Musik einigermaßen, da gibt's dann lustige Sounds und eine interessante Athmo. Live bleibt's eher öder Gitarrenpop. Mit Flöte. Darauf, daß Heather Nova klingt wie die unerträgliche Früh-80er-New-Wave-Sirene Toyah Wilcox, wies mich ein Freund bereits anläßlich ihres ersten Konzerts im Knust hin. Das Publikum an diesem Nachmittag schien sie zu lieben. Immerhin stand man kollektiv auf. Ich ging mit meiner Begleitung erstmal im Park spazieren.

Pavement , die Band, die angeblich die Rockmusik dekonstruiert oder irgendwas anderes Schickes mit ihr anstellt, hatte ich bereits vor Jahren im Docks gesehen. Damals hatten sie noch ihren alten Drummer dabei, der als fröhlicher, unberechenbarer Irrer nicht nur musikalisch für Spannung sorgte, sondern auch der eigentliche Blickfang auf der Bühne war. Ohne ihn gab es schüchternen, verunsicherten Gitarrenpop, etwa so, wie ihn englische Studentenbands seit zwölf Jahren machen: hie und da eine gefällige Melodie und die sicheren Referenzen an z.B. Velvet Underground und andere Mütter der Schrammelmusik. Derselbe Freund, der mich auf die Ähnlichkeit zwischen Heather und Toyah hingewiesen hatte, war mittlerweile eingetroffen und brüllte nach jedem Song vergnügt: „Fragment!“ Zur Bühnenpräsentation fiel mir noch auf, daß zwar Rockposen das Allerletzte sind, Rockposen-Vermeidungs-Posen wie Vom-Publikum-abgewandt- Spielen, Kopf-nach-unten-und-die-Haare-vorm-Gesicht-baumeln-Lassen kaum weniger lächerlich sind.

Blumfeld waren nicht zuletzt deswegen eindeutig Gewinner des Abends, weil sie etwas von Entertainment verstehen. Auf der Bühne stehen zu müssen scheint für Pavement eine unerträgliche Pein zu sein, während Blumfeld sich entweder damit abfinden oder es sogar gut finden, in jedem Fall aber das Beste daraus machen wollen. Die Musik der Gruppe hat allerdings eine etwas gefährliche Richtung angenommen, seit sich die Musiker immer mehr für breite Gitarren-Soundteppiche begeistern. Um ein drittes Mal jenen Toyah-Heather-Fragment-Freund zu zitieren: „ Simple Minds !“

Ein Tag später, selber Ort: Fleetwood Mac . Zehn Mark teurer, fast doppelt so viele Zuschauer, bei denen ich diesmal zum jüngsten Achtel gehörte. Die Musik: noch scheußlicher als erwartet, obwohl es Dave Mason, aufgrund einiger gelungener Platten in den 70ern ein alter Held von mir, mittlerweile in diese Band verschlagen hatte. Aber das Publikum, das waren dann doch interessantere Gesichter, als die öden, braven, leblosen Studentlein des Vortages.

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