Katholischer Zukunftskontinent Afrika: Papst zelebriert "afrikanische Identität"
Nirgendwo wächst die Zahl der Katholiken so stark wie in Afrika. Doch die Konkurrenz ist groß - ein Grund dafür, dass Papst Benedikt XVI. den Kontinent besucht.
Als Papst Benedikt XVI. am Freitag feierlich von Angolas Präsident Eduardo dos Santos am Flughafen von Luanda empfangen wird, feiern die Jugendlichen in Sambizanga, einem Slum der Hauptstadt, schon seit mehr als sechs Stunden. Kurz nach Sonnenaufgang heizten lokale Musikgrößen tausenden jungen Leuten ein. Immer wieder unterbrechen "Papa, Papa"-Rufe die Rhythmen. "Es ist wie ein Wunder, der Papst kommt zu uns und wird uns segnen", freut sich Julieta. Am Sonntag will sie wie alle hier dabei sein, wenn der 81-jährige Papst den größten Gottesdienst in der Innenstadt hält.
Über mangelnde Euphorie bei seiner Afrikareise kann Benedikt sich nicht beschweren. Wie in Angola, so jubelten auch in Kameruns Hauptstadt Jaunde zehntausende Gläubige, als der Papst am Donnerstag in einem Stadion die Messe las. Für viele fand er den richtigen Ton: "Afrika ist ein Kontinent der Hoffnung, der durch die Tyrannei des Materialismus gefährdet wird." Für solche Sätze, die das Leid der meist armen Besucher auffingen, jubeln sie. Ein Bericht des Vatikans geht noch weiter: Darin heißt es, multinationale Kräfte beuteten den Kontinent gemeinsam mit skrupellosen Politikern aus. "Dies ist ein Prozess, der im Namen der Moderne die afrikanische Identität zerstören will."
Solche Zitate lassen ahnen, wie der Papst die katholische Kirche in Afrika positionieren will: Mehr afrikanische Identität soll im Kampf gegen den Islam wie die boomenden Pfingstkirchen helfen. Zwar leben bald die meisten Katholiken in Afrika: 149 Millionen sollen es sein, vor 30 Jahren war es noch ein Drittel. Doch trotz dieser Zunahme wächst die Konkurrenz noch schneller: Auf 147 Millionen schätzt das Pew-Forum in Afrika die evangelikalen Christen. Auch der Islam, seine Anhänger werden auf 400.000 geschätzt, wächst - nicht zuletzt dank einer aus Saudi-Arabien und Libyen finanzierten Missionsbewegung. Zwar predigte Benedikt XVI. bei einem Treffen mit 22 kamerunischen Imamen Toleranz und das Ende religiöser Auseinandersetzungen. Doch die im Herbst in Rom angesetzte Afrika-Synode soll auch beraten, wie die katholische Kirche die Macht auf ihrem Zukunftskontinent sichern kann.
Längst nicht alle jubeln dem Papst bei seinem ersten Afrikabesuch zu: Oppositionsanhänger werfen ihm vor, das wegen Menschenrechtsverletzungen und Korruption verfehmte Regime von Präsident Paul Biya nicht klar genug zu kritisieren. "Wir erleben hier in Kamerun einen Verfall der Werte", sagte Oppositionsführer John Fru Ndi. "Wir brauchen einen spirituell beflügelten Neuanfang."
Viele Bürgerrechtsgruppen Kameruns haben ihre Wurzeln in der katholischen Kirche. Doch der Papst nutzte seinen Besuch im Präsidentenpalast vor allem, um Präsident samt Familie zu segnen. In Angola, wo Ölgelder verschwinden und die Masse der Bevölkerung hungert, befürchten Papstkritiker eine ähnliche Sprachlosigkeit. Und während die Bevölkerung sich am Papstkommentar zu Kondomen nicht sonderlich stört, sind Aktivisten sauer. "In welchem Jahrhundert lebt der Papst eigentlich?", fragt Aids-Aktivist Alain Fogué. "Von 100 Katholiken benutzen doch mindestens 99 Kondome, und das ist auch gut so."
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