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Kassenbeiträge sollen 1999 stabil bleiben

■ SPD und Grüne einigen sich auf Eckpunkte der Gesundheitsreform. Gesundheitsministerin Fischer verteidigt ausgabenbegrenzendes Globalbudget. Ärzteverband startet Protestaktion

Bonn (AP/dpa) – Kassenpatienten müssen vorläufig nicht mit Beitragserhöhungen bei ihrer Krankenversicherung rechnen. Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer sprach gestern von einem guten Finanzpolster bei den gesetzlichen Kassen, die 1998 einen Überschuß von rund 1,1 Milliarden Mark erzielt hätten. Zugleich seien jedoch die Ausgaben je Mitglied im Bundesdurchschnitt um 1,8 Prozent gestiegen. Überproportional angewachsen seien die Ausgaben um 3,4 Prozent im Krankenhaussektor sowie um 4,8 Prozent bei den Arzneimittelausgaben.

Auf Eckpunkte der „Gesundheitsreform 2000“ hatten sich SPD und Grüne am Dienstag abend abschließend verständigt. Mit den dabei erzielten Ergebnissen zeigte sich der SPD-Sozialexperte Rudolf Dreßler „sehr zufrieden“. Eines der wichtigsten Ziele der Reform ist nach seinen Worten die Beitragsstabilität in der Krankenversicherung.

Trotz des 1998 erzielten Überschusses habe die gesetzliche Krankenversicherung „keineswegs ein so komfortables Finanzpolster, daß sie im Jahre 1999 ohne ausgabenbegrenzende Regelungen nicht ins Defizit rutschen könnte“, warnte Fischer. Ausgabensteigerungen, die nur um einen Prozentpunkt oberhalb des Grundlohnanstiegs lägen, bedeuteten für die Krankenkassen bereits eine Finanzierungslücke von rund 2,5 Milliarden Mark. Damit verteidigte die Ministerin die im Reformpaket vorgesehene Einführung eines Globalbudgets für die Kassen, um zu verhindern, daß die Ausgaben die Einnahmen des Gesundheitswesens übersteigen.

Um die Arzneimittelausgaben der Kassen zu beschränken, werde eine Positivliste für Medikamente erarbeitet, die alle zu Lasten der Versicherung verschreibbaren Medikamente benennt. Kassenpatienten sollen nach den Eckpunkten der Reform auch künftig beim Kauf von Medikamenten acht, neun oder zehn Mark zuzahlen. Fischer sagte, geprüft werde aber, inwiefern die Modalitäten bei der Zuzahlung geändert werden könnten – ob zum Beispiel statt auf der Packungsgröße auf die Schwere der Erkrankung abgehoben werden solle. In der Zahnheilkunde wird eine stärkere Orientierung auf die Prävention angestrebt: Dabei soll das Vergütungssystem überarbeitet werden. Derzeit werde im Vergütungssystem Zahnersatz überbewertet und Prävention unterbewertet, kritisierte Dreßler.

Unmittelbar nach Festlegung der Eckpunkte hat die Ärzteorganisation Hartmannbund gestern eine Protestaktion unter dem Motto „Rationierung im Gesundheitswesen – Das geht auf Ihre Knochen“ gestartet. Mit Plakaten, Handzetteln und Protestbriefen solle vor dem Vorhaben gewarnt werden, teilte der Verband mit.

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