piwik no script img

Karlsruhe lehnt Klage abHomo-Beamte im Nachteil

Eingetragene Partnerschaften sind nach einem Verfassungsgericht-Urteil weiterhin benachteiligt. Nur Hetero-Ehepaare bekommen automatisch den Familienzuschlag.

Schwuler Beamter? Pech gehabt... Bild: dpa

ANDERSWO GETRAUT

Die ersten Trauungen zwischen homosexuellen Paaren in Griechenland sind perfekt: Gegen den Willen der orthodoxen Kirche und gegen den Widerstand des Staatsanwalts von Athen hat der Bürgermeister der kleinen Dodekanes-Insel Tilos, Anastasios Aliferis, gestern zwei Männer und zwei Frauen standesamtlich getraut, berichtete das Fernsehen. Der Bürgermeister des 64 Quadratkilometer großen Eilands mit gut 300 Einwohnern entdeckte eine Gesetzeslücke, die ihm erlaubte, die Trauungen vorzunehmen. Nach einem Gesetz von 1982 sei die Eheschließung "zwischen zwei Menschen" möglich.

Homosexuelle Beamte, die in eingetragener Partnerschaft leben, dürfen weiter benachteiligt werden. Das Bundesverfassungsgericht lehnte am Dienstag die Klage eines schwulen Beamten aus Düsseldorf ab. Erstmals prüfte Karlsruhe auch das Antidiskriminierungsrecht der EU - konnte aber keinen Verstoß erkennen.

Verheirate Beamte bekommen laut Beamtengesetz automatisch einen Familien- oder Verheiratetenzuschlag. Für Beamte in einer eingetragenen Partnerschaft ist dies nur vorgesehen, wenn sie den Partner tatsächlich unterhalten müssen, weil ihm weniger als rund 600 Euro pro Monat zur Verfügung stehen. Der Familienzuschlag beträgt in einer Ehe ohne Kinder rund 100 Euro, bei einem Kind 190 Euro und steigt bis auf 750 Euro bei vier Kindern.

Der schwule Kläger lebte zwar seit 2004 in einer eingetragenen Partnerschaft, erhielt aber keinen Zuschlag. Darin sah er eine grundgesetzwidrige Diskriminierung.

Eigentlich hatte die Klage keine großen Chancen: Denn schon im letzten September hatte das Verfassungsgericht die Klage einer lesbischen Beamten in gleicher Sache abgelehnt. Das Grundgesetz verlange keine Gleichbehandlung von homosexuellen Partnerschaften mit der Ehe. Der Gesetzgeber könne eine Gleichstellung zwar vornehmen, müsse dies aber nicht.

In der Zwischenzeit hat jedoch der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Ungleichbehandlung von hetero- und homosexuellen Partnerschaften gegen EU-Richtlinien zum Schutz vor Diskriminierung verstoßen kann. Dabei ging es um die Klage eines schwulen Theatermitarbeiters, dessen Partner gestorben war und der Hinterbliebenenversorgung forderte. Der EuGH überließ damals deutschen Gerichten die Prüfung, ob sich ein Homo-Hinterbliebener in einer "vergleichbaren Situation" wie ein heterosexueller Witwer befindet.

Diesen Grundgedanken des EuGH-Urteils versuchte nun auch das Verfassungsgericht anzuwenden. Es kam zu dem Schluss, dass beim Familienzuschlag eine Gleichbehandlung nicht erforderlich ist. In der Ehe bekomme typischerweise ein Ehegatte vom anderen Unterhalt, insbesondere wegen der Kindererziehung. Bei Homo-Partnerschaften hat das Verfassungsgericht dagegen "keinen typischerweise bestehenden Unterhaltsbedarf" gesehen.

Der gestern veröffentlichte Beschluss stammt von den überwiegend konservativen Richtern Winfried Hassemer, Udo Di Fabio und Herbert Landau. Sie erklären darin aber nicht, wie bei einer kinderlosen Ehe "typischerweise" ein Unterhaltsbedarf entsteht, der automatisch einen Gehaltszuschlag von 100 Euro rechtfertigt.

Az.: 2 BvR 1830/06

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

8 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • A
    alfons

    Ihrem Kommentar fehlt die Logik, lieber Queerkopf.

     

    Wesentlich nachvollziehbarer fände ich die Argumentation, dass Kinderlosen Ehepaaren kein Zuschuss zustehe...

  • UR
    Udo Radert

    @anke:

     

    DiFabio ist ein sehr gutes Besipiel, dass nicht alles schwarz oder weiß ist und solches Denken (welches vor allem bei vielen Linken und Grünen ja noch gepflegt wird), eigentlich ausgesprochen dumm ist.

     

    Damals, beim Kopftuch-Urteil, da bewies gerade DiFabio nämlich Mut und Weitsicht, als er das Minderheitsvotum der mit ihm unterlegenen Richter verlas.

     

    Also, wer das damals live und ungeschnitten über Phönix miterlebt hat, der weiß, das war schon sehr beeindruckend.

     

    Damals war ich begeistert von ihm, hier kann ich nur mit den Kopf schütteln.

     

    Was ich an ihm aber (genau wie z.B. auch an Gauweiler) schätze, ist, dass beide Männer mit Grundsätzen sind.

     

    Sie faseln nicht und leben dann ganz anders, sondern sie vertreten beide das, was sie selber auch tatsächlich aus Überzeugung praktizieren.

     

    Ich finde sowas kann man heutzutage garnicht mehr hoch genug bewerten, denn wo gibt es sowas denn noch?

     

    Bei den Grünen z.B. (weil das hier für mich ja deren "Hausblatt" ist) wohl am allerwenigsten:

     

    Sie brüllen z.B. mit hochrotem Kopf und schweißgetränkter Achsel so oft nach Integration, schicken *ihre eigenen Kinder* aber auf Biegen und Brechen entweder gleich auf Privatschulen mit keinem oder nur sehr geringen Ausländeranteil, oder sie praktizieren dasselbe bei den öffentlichen Schulen, in dem sie mit dem Wohnort tricksen und täuschen, wo es nur geht, um die Schulgesetze zu unterlaufen.

     

    Jetzt mal ehrlich:

     

    Wer soll denen da auch nur noch ein Wort glauben?

     

    Da sind mir DiFabio und Gauweiler aber jedenfalls zehnmal lieber, auch wenn ich ihre Meinungen oft nicht teile.

  • A
    anke

    @Udo Radert: Die Kollision wäre leicht zu vermeiden gewesen. Das Verfassungsgericht hätte lediglich auch homosexuellen Paaren das Recht einräumen brauchen, Kinder zu adoptieren. Dann nämlich könnte in einer konservativen Beziehung der eine Partner zu Hause bleiben und die Kinder hüten, während der andere ihn unterhält. Leider wird hierzulande vom Verfassungsgericht bestimmt, wer konservativ leben darf. Und das Gericht ist mit Leuten wie DiFabio besetzt, die ernsthaft um die Reinhaltung des eigenen Nestes bemüht sind. Es wird also bei der Kollision bleiben, es sei denn, DiFabio verliebt sich demnächst in einen Mann.

  • UR
    Udo Radert

    Da hier wohl keinem die Rechtslage wirklich bekannt ist, mal in aller Kürze:

     

    1.) Im GG, also im *nationalen* Recht, ist ausdrücklich von einem *besonderen* Schutz von Ehe und Familie die Rede, deshalb die Ungleichbehandlung, die aber rechtlich genau deswegen keine Diskriminierung ist.

     

    2.) Das EU-Antidiskriminierungsgesetz, also *internationales* Recht verbietet (eigentlich) jede Ungleichbehandlung.

     

    3.) Damit liegt also jetzt eine Kollision von nationalem und internationalem Recht vor, welches von der EU so gelöst wurde, dass die Sache an ein *nationales* Gericht, also das Bundesverfassungsgericht, zur weiteren Entscheidung (und Erledigung) übergeben wurde.

     

    Die Gründe dafür dürften leicht erkennbar sein:

     

    Es ist eine Frage, die finanzielle Konsequenzen nach sich zieht, die dann allein der Einzelsataat zu tragen.

     

    Solange Deutschland aber nur seine EU-Beiträge pünktlich zahlt und größter Nettozahler bleibt, sind der EU ihre eigenen Rechtsgrundsätze wie man (und nicht etwa zum ersten Mal) sieht, herzlich egal.

     

    Denn eins ist schon klar:

     

    Die EU hätte ihr eigenes Gesetz, bzw. ihre Richtlinie, schon verteidigen und durchsetzen müssen.

     

    Allerdings wollte man die, beim Zahlmeister Deutschland ohnin schon katastrophal schlechte Stimmung in Sachen EU nicht auch noch damit vertiefen, dass man dem höchsten nationalen Gericht quasi Vorschriften macht und das GG einfach beiseite wischt, bzw. für nach- un damit zweitrangig erklärt.

     

    So charakter- und rückgratlos verfährt die EU aber leider in allen Sachen und das schon immer (siehe die Türkei, von der SPD-Verheugen doch tatsächlich behauptete, es würde dort nicht mehr "systematisch" gefoltert und deshalb könne man auch Betrittsverhandlungen aufnehmen usw.).

  • T
    Tim

    Landau und DiFabio aber auch die CSU sollten endlich verstehen, dass längst nicht in jeder Ehe auch tatsächlich Kinder drin sind. Viele Heteroehepaare haben sehr bewusst keine Kinder. Gleichwohl erhalten Sie Ehegattensplitting, Beamtenverheiratetenzuschlag, Befreiung von der Grunderwerbssteuer, Verdopplung der Beträge bei Wohnungsbauprämie und vermögenswirksame Leistungen, usw.

     

    Warum geht unser deutscher Staat nicht dazu über, dort die Gelder zu geben, wo auch tatsächlich Kinder sind. Entweder wird endlich homosexuellen Menschen die Ehe geöffnet oder aber finanzielle Vergünstigungen bei der Ehe werden so geändert, dass diese nur noch an das Vorliegen von Kindern geknüpft werden. Der jetztige Zustand in unserem Lande ist pure Diskriminierung homosexueller Menschen.

  • P
    peterG

    Für mich stellt sich hier eher die Frage. Was rechtfertigt den Zuschlag von 100 Euro für einen verheirateten Beamten ohne Kinder?

    So schlimm ist es doch nicht verheiratet zu sein, oder?

  • PD
    Peter Donertus

    "Denn schon im letzten September hatte das Verfassungsgericht die Klage einer lesbischen Beamtin in gleicher Sache abgelehnt. Das Grundgesetz verlange keine Gleichbehandlung von homosexuellen Partnerschaften mit der Ehe."

     

    "In der Zwischenzeit hat jedoch der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Ungleichbehandlung von hetero- und homosexuellen Partnerschaften gegen EU-Richtlinien zum Schutz vor Diskriminierung verstoßen kann."

     

    Ein weiteres Beispiel dafür, dass man auf die "europäische Einigung" nicht nur Loblieder zu singen braucht.

  • Q
    Queerkopf

    Es ist erschreckend, wie weit die Diskriminierung von homosexuell begabten Menschen immer noch geht. Wenn der Staat heterosexuellen Menschen mit einem "Familienzuschlag" eine Familiengründung schmackhaft machen möchte, wäre es gerecht, homosexuellen Menschen diesen Betrag in jedem Fall auszuzahlen, ob sie nun eine Beziehung haben oder nicht. Da Homosexuelle ohnehin keine Kinder in ihrer Beziehung zeugen können, ist eine Familiengründung nicht möglich. Gleichzeitig dürfen sie aber nicht diskriminiert werden, so dass der "Familienzuschlag" auch ohne Beziehung ausbezahlt werden sollte.