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Karikataz Eine Sonderausgabe der taz am 7. Januar 2016 gedenkt der Anschläge auf „Charlie Hebdo“ und lässt KarikaturistInnen zeichnen und sprechenMehr Mut wagen

von Michael Ringel

Am Freitag, den 13. November 2015, schoss und bombte sich eine religiöse Verbrecherbande durch die Straßen von Paris. Und so nah dieses grauenhafte Ereignisse im kollektiven Gedächtnis noch ist, so darf man nicht vergessen, dass Paris bereits Anfang 2015 von ähnlichen Anschlägen heimgesucht wurde.

Am 7. Januar 2015 überfielen die Brüder Kouachi Charlie Hebdo und richteten in der Redaktion der Satirezeitschrift ein Massaker unter Frankreichs bekanntesten Karikaturisten an. Im Laufe der nächsten Tage starben in der französischen Hauptstadt weitere Menschen. Die Anschlagserie in Paris begann nicht von ungefähr mit einem Angriff auf die Satire als drastischste Form der Presse- und Meinungsfreiheit. Und daran erinnert die taz in der kommenden Woche mit einer Sonderausgabe zum Jahrestag des Attentats.

Am 7. Januar 2016 wird die taz als Karikataz erscheinen. Die gesamte Ausgabe wird statt mit Fotos mit Karikaturen bebildert sein. Mitwirken werden vor allem die Hauszeichner, die taz-LeserInnenn von ihren Cartoons und Bildwitzen im Blatt bestens bekannt sind: Kittyhawk, Burkh, Kriki, Holtschulte, Hühn, Nel, Beck, Mario Lars, Andreas Pruestel, Klaus Stuttmann, Ari Plikat, Rattelschneck und ©Tom wie auch viele Gäste werden die gesamte Ausgabe gestalten. Vor allem aber sollen die Zeichner zu Wort kommen und berichten, wie der Anschlag ihre Arbeit und ihre Einstellung zum eigenen Werk verändert hat. Was für Auswirkungen hatten die Attentate in Paris auf die Zeichner auch in der arabischen Welt?

In einer „Histoire“ wird die Vorgeschichte der Auseinandersetzung um Charlie Hebdo in Frankreich geschildert. Und bei einer „Visite“ sprechen Stimmen aus der Redaktion und dem Umfeld von Charlie Hebdo über den Schock, die Zeit der Solidarität und des Streits um das Erbe. Vorgestellt wird das virtuelle „Museum für Satire“, das von den vier führenden Museen für komische Kunst im deutschsprachigen Raum eingerichtet wurde, um im Internet riskante Karikaturen zu präsentieren.

Auf den zwölf Sonderseiten der taz werden AutorInnenen und ZeichnerInnen grundlegende Fragen beantworten: Was darf die Satire heute? Was darf die Karikatur nach Charlie Hebdo? Haben Muslime Humor? Und wenn ja, was sagt Mohammed dazu? Kann es sein, dass er mehr Witze kannte als Jesus?

Noch immer trauen sich Verantwortliche in den Medien viel zu wenig

Die letzte Karikataz erschien im Jahr 2013 kurz vor der Bundestagswahl. Auch damals wollte die taz den Karikaturisten ein Forum bieten, um ihre Kunst großflächig zu präsentieren. Seinerzeit war die Fragestellung allerdings noch etwas anders. Zwar gab es bereits die Auseinandersetzungen um die Mohammed-Karikaturen, aber im Vordergrund stand die elementare Frage nach der Zukunft der Karikatur. Denn immer mehr Medien verzichteten aus finanziellen Gründen darauf. Es gab zu wenig Nachwuchs, wie auch zu wenig weibliche Kräfte, die sich in das schwierige Fach der politischen Karikatur einmischten.

Heute hat sich die Situation kaum verändert. Einerseits sind Karikaturen beim Publikum beliebter denn je. Was sich zum Beispiel auch an den Klickzahlen bei taz.de und in den sozialen Netzwerken zeigt. Andererseits gibt es immer weniger Medien, die bereit sind, Karikaturen und ihre MacherInnen vernünftig zu bezahlen. Und die viel beschworene Solidarität mit den Humorschaffenden nach den Anschlägen von Paris ist einem gewohnten Dämmerschlaf in den Redaktionen gewichen. Noch immer trauen sich Verantwortliche in den Medien viel zu wenig.

Es fehlt der Mut, der die Macher von Charlie Hebdo auszeichnete und immer noch hervorhebt aus der Masse der Medienmeinungen. Auch dafür soll die erste Karikataz des neuen Jahres ein Art Ruhmesblatt werden, das allerdings weniger der Heldenverehrung als mehr dem Spaß am feinen, kleinen, bösen und erhellenden Bildwitz dienen soll.

Michael Ringel,54, ist Wahrheit-Redakteur der taz und koordiniert die Karikataz 2016.

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