: Kannte Verfassungsschutz Mordplan?
■ Das niedersächische Landesamt soll 1978 von einem Anschlag des spanischen Geheimdienstes gewußt haben / Das Opfer war der Chef der „Befreiungsfront für die kanarischen Inseln“ / Privatagent Mauss im Spiel
Hannover (dpa) - Das niedersächsische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) soll im Jahre 1978 Kenntnis von einem geplanten Mordanschlag auf den Chef der „Befreiungsfront für die Kanarischen Inseln“ (MPAIAC), Antonio Cubillo, gehabt, aber nichts unternommen haben, um diesen Mordplan des spanischen Geheimdienstes zu durchkreuzen. Das geht aus vertraulichen Informationen hervor, die den Abgeordneten des „Celler Bombenausschusses“ vorliegen. Der Ausschuß untersucht den vom niedersächsischem Verfassungsschutz am 25. Juli 1978 inszenierten Bombenanschlag auf die Vollzugsanstalt Celle, mit dem V– Leute in die Terroristen–Szene eingeschleust werden sollten. Ausschußvorsitzender Heiner Herbst (CDU) wollte am Freitag nicht ausschließen, daß die Informationen über die Kenntnisse der Verfassungsschützer über den Mordplan durch den Ausschuß geprüft werden müssen. Am Donnerstag abend hatte der Grünen– Abgeordnete Jürgen Trittin während einer Pressekonferenz den „algerischen Part der Aktion Neuland“ öffentlich angesprochen. Das Innenministerium teilte dazu am Freitag mit, der Verfassungsschutz habe „zur Zeit keine Kennt nis“ von dem Anschlag auf Cubillo im Jahre 1978. Im übrigen sehe der Verfassungsschutz keine Möglichkeit, dem Ausschuß weitere Akten zur „Operation Neuland“ zuzuleiten. Cubillo war bei einem Anschlag im April 1978 in Algier durch Messerstiche schwer verletzt worden. Er ist seither querschnittsgelähmt. Ein algerisches Gericht verurteilte später den Spanier Juan Antonio Gonzalez wegen der Tat zum Tode und einen Komplizen zu 20 Jahren Haft. Der mutmaßliche Auftraggeber wurde in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Dem LfV soll seinerzeit der Deckname des spanischen Geheimdienstmannes (“Paco“) bekannt gewesen sein, der den Anschlag ausführen sollte. In Kenntnis gesetzt von den Mordplänen wurde der Verfassungsschutz durch Jelko Susak, einen eigenen kroatischen V–Mann, der zur gleichen Zeit mit Paco zusammenarbeitete. Paco und Susak strebten den Zugang zu einem Lager in Algerien an, in dem neben kanarischen Guerilleros auch deutsche Terroristen ausgebildet worden sein sollen. Drahtzieher im Hintergrund ist nach diesen Informationen auch hier Werner Mauss, der umstrittene Privatagent. Mauss hatte die Verbindung zwischen dem LfV und dem spanischen Geheimdienst maßgeblich hergestellt. Susak war ein langjähriger Bekannter von Mauss. Bereits im Zusammenhang mit der „Celler Bombe“ war Susak stets als dritter V– Mann, über den der Geheimdienst Zugang „zum inneren Kreis des Terrorismus“ erhalten wollte, genannt worden. Mauss contra Stern Mauss, der nach einem von seinem Anwalt Wenzel mit dem stern abgeschlossenen Vertrag mit den Serienautoren Stefan Aust und Rudolf Müller fünf Stunden lang telefoniert hatte und mit der Publikation einverstanden war, sieht durch die weitere Veröffentlichung der bereits in drei Teilen angelaufenen Serie sein Leib und Leben in Gefahr. Außerdem, so Wenzel, könne nicht hingenommen werden, daß ein komplettes Lebensbild seines Mandanten nachgezeichnet und er so enttarnt werden könnte. In der ersten Folge der „Akte Mauss“ hatte der stern die beruflichen Anfänge des meist von Versicherungen bezahlten Agenten Mauss sowie seine Tätigkeiten bei der Suche nach bundesdeutschen Terroristen beschrieben. Die Illustrierte ging unter anderem auch der Frage nach, in wessen Auftrag Mauss Ende der siebziger Jahre gearbeitet hatte und von wem er bezahlt wurde. Nach dem Bericht erhielt er - obwohl vom Bundeskriminalamt 1978 „geführt“ - ein nicht unbeträchtliches Salär von der Industrie. Prof. Wenzel legte dem Gericht nun auch ein Schreiben des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) vor, das die Geheimhaltungspflicht der vor allem in den kommenden Serienfolgen angesprochenen Fakten bejaht und den Schutz von nachrichtendienstlichen Quellen hervorhebt. Es sei eine Menge Material von den Anwälten des Magazins vorgelegt worden, das zeige, daß schon seit 1968 über Mauss in der Presse berichtet wird, erklärte der Vorsitzende Richter. Mauss müsse ja wohl nicht die Belange des BND schützen, der Bundesnachrichtendienst hätte dem Verfahren ja selbst beitreten können. Die Richtigkeit der stern–Berichte sei nie in Zweifel gezogen worden, betonten die Magazin– Anwälte Ludwig von Nitzsch und Heinrich Senfft. Mauss sei eine Person der Zeitgeschichte, über die seit Jahren berichtet werde, seine Intimsphäre werde nicht verletzt und nur durch seinen Berufsentschluß habe sich Mauss selbst in eine gefährliche Situation gebracht.
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