Kandidatur Robert F. Kennedys in den USA: Angst vor dem nächsten Trauma

Robert F. Kennedy will kandidieren. Chancen hat der Verschwörungsfan nicht. Doch bei den Demokraten werden Erinnerungen an alte Niederlagen wach.

Robert F. Kennedy mit Ehefrau Cheryl Hines.

Robert F. Kennedy mit Ehefrau Cheryl Hines am 9. Oktober Foto: Mark Makela/reuters

Noch bis Montag wollte Robert F. Kennedy dem amtierenden US-Präsidenten Joe Biden die demokratische Präsidentschaftskandidatur für die Wahl im kommenden Jahr streitig machen. Der 69-jährige Neffe des ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy, Verschwörungsmythenverbreiter und Impfgegner, kam in den Umfragen auf immerhin rund 15 Prozent Unterstützung unter der demokratischen Wähler*innenschaft.

Jetzt hat Kennedy das Unterfangen aufgegeben und am Montag erklärt, im November 2024 als unabhängiger Kandidat antreten zu wollen. Das ist für die Wiederwahl Joe Bidens eine größere Bedrohung als seine Bewerbung um die demokratische Spitzenposition.

Natürlich rechnet niemand, auch Kennedy selbst nicht, damit, dass er in auch nur einem einzigen Bundesstaat irgendwelche Wahlleute gewinnt. Aber bei den De­mo­kra­t*in­nen sitzen zwei Traumata tief: Im Jahr 2000 wurde der Republikaner George W. Bush zum Wahlsieger in Florida und damit der Präsidentschaft erklärt – mit weniger als 600 Stimmen Vorsprung vor dem Demokraten Al Gore. 97.000 Stimmen holte allerdings in Florida der für die Grüne Partei antretende Ralph Nader.

Und 2016 verlor Hillary Clinton gegen Donald Trump die entscheidenden Bundesstaaten Wisconsin, Pennsylvania und Michigan mit weniger als einem Prozentpunkt Rückstand – während die Grünen-Kandidatin Jill Stein in allen Staaten über 1 Prozent der Stimmen erhielt. Im fassungslosen demokratischen Trauerdiskurs ging der Vorwurf, Bush und Trump ermöglicht zu haben, direkt an Ralph Nader und Jill Stein.

Robert F. Kennedys unabhängige Kandidatur, so die Befürchtung, könnte ebenfalls dafür sorgen, dass am Ende entscheidende Stimmen fehlen. Allerdings: Auch 2000 und 2016 war es nicht mehr als eine Hypothese, dass Nader- und Stein-Wähler*innen ansonsten für Gore oder Clinton gestimmt hätten – und im Falle Robert F. Kennedys und Joe Bidens ist das noch unklarer. Mit seinen vollkommen kruden Thesen dringt Kennedy mindestens genauso weit ins Denken des Trump-Lagers vor. Aber die Angst bleibt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.