Kandidatin für das Präsidentenamt: Islands Sympathische
Die Moderatorin und Journalistin Þóra Arnórsdóttir kandidiert für das isländische Präsidentenamt. Die Chancen der dreifachen Mutter stehen nicht schlecht.
STOCKHOLM taz | Caren Miosga oder Marietta Slomka als Kandidatinnen für das Bundespräsidentenamt? Ihre isländische Kollegin Þóra Arnórsdóttir macht es gerade vor. Und laut stabilen Umfragewerten ist sie die einzige, die dem jetzigen Amtsinhaber Ólafur Ragnar Grímsson, der für eine fünfte Amtsperiode kandidiert, noch gefährlich werden kann.
Vor der am 30. Juni stattfindenden Wahl – in Island wird direkt gewählt – liefert sie sich mit dem seit 16 Jahren amtierenden Präsidenten ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Alle anderen vier KandidatInnen scheinen von vornherein chancenlos.
Was der 37-jährigen populären Moderatorin und Journalistin an politischer Erfahrung fehlt, macht sie laut Meinungsumfragen offenbar durch sympathisches Auftreten und die ihr unterstellte Ehrlichkeit mehr als wett. „Ich bin platt“, erklärte sie kürzlich in einem Interview, „aber gleichzeitig unheimlich dankbar für dieses Vertrauen.“ Vor allem bei Frauen und in der Hauptstadtregion kann sie punkten, während der amtierende Amtsinhaber bei Männern und auf dem Land vorne liegt.
Es ist wohl das seit dem Finanzcrash besonders ausgeprägte Misstrauen gegen alle etablierten Politiker – das beispielsweise vor zwei Jahren schon den Komiker Jón Gnarr die Oberbürgermeisterwahl von Reykjavik gewinnen liess –, dem Arnórsdóttir einen Großteil ihrer Unterstützung zuschreiben kann. MitbewerberInnen haben sich beklagt, dass viele Medien in ihrer Berichterstattung die Journalistenkollegin, die zweimal zur TV-Persönlichkeit des Jahres gewählt wurde, deutlich bevorzugen.
Sie ist im Mai zum dritten Mal Mutter geworden und mit Svavar Halldórsson verheiratet, einem der bekantesten investigativen TV-Journalisten des Landes. Ihre Kampagne lässt sich die studierte Philosophin, die auch einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften und internationaler Politik vorweisen kann, über einen Wahlfonds finanzieren, der von vornherein nur Einzelspenden bis umgerechnet höchstens 5.000 Euro erlaubt und insgesamt nur 200.000 Euro umfassen darf.
Politisch dem sozialdemokratischen Umfeld zuzuordnen, will Arnórsdóttir ihre Kandidatur als die einer „neuen Generation, neuer Zukunft und neuer Hoffnung“ verstanden sehen: „In einer Zeit, in der das Vertrauen in die staatlichen Institutionen rekordtief ist, will ich versuchen das isländische Volk wieder zu einigen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Verfassungsrechtler für AfD-Verbot
„Den Staat vor Unterminierung schützen“