■ Kandidatin Uta Ranke-Heinemann? Die PDS muß weitersuchen: Petra Kelly for President!
Schließen wir einen Moment die Augen und stellen uns das Unwahrscheinliche vor: Uta Ranke-Heinemann, die Kandidatin der PDS, wird am 23. Mai zur Bundespräsidentin gewählt. Aufgekratzt wie immer, wiederholt die 71jährige Theologin in ihrer Dankesrede das, was sie zuvor in zahlreichen Interviews zum besten gegeben hat: Sie möchte, daß der Kosovo-Krieg aufhört. Ansonsten könne sie jetzt gar nicht soviel sagen. Sie wollte ja eigentlich gar nicht gewählt werden und von Politik verstehe sie schließlich nichts, das wolle sie auch nicht. „Ich unterteile die Menschen nur noch in Raucher und Nichtraucher.“ Dann erhebt sich Gregor Gysi von seinem Platz und sagt, was er den Deutschen mit ihrer neuen Präsidentin vor allem wünscht: Viel Spaß!
Den werden wir haben, lieber Gysi, und danke noch einmal für diese tolle Kandidatin!
Man muß sich Uta Ranke-Heinemann wirklich nur einen Moment lang als Bundespräsidentin vorstellen, um zu eine Ahnung davon zu bekommen, wie billig und einfallslos das Vorhaben der PDS ist, sie ins Rennen zu schicken. Dagegen war der ursprüngliche Plan der Partei, gar keinen eigenen Kandidaten aufzustellen, noch eine intellektuelle Leistung. Mit Ranke-Heinemann wird man fast gezwungen, Johannes Rau für einen guten Vorschlag zu halten.
Der PDS kommt es mit der unbequemen Theologin nur auf eines an: den Effekt. Sie glaubt, mit Ranke-Heinemann den westdeutschen Pazifismus der 70er und 80er Jahre vereinnahmen und so ein Zeichen gegen den Krieg im Kosovo setzen zu können. Die PDS will mit der Kandidatin beweisen, daß die Partei nicht mehr das Schmuddelkind aus dem Osten ist, sondern im Westen auch in Kreisen wahrgenommen wird, die sonst wenig mit dem Sozialismus zu schaffen haben. Diese Sehnsucht nach Anerkennung ist verständlich, aber warum die PDS dabei regelmäßig auf Halbprominente von gestern verfällt – Elmar Schmähling läßt grüßen! – bleibt ihr Geheimnis. Solange die PDS weiter auf Figuren wie Ranke-Heinemann setzt und sie stets erst fünf Minuten vor der Angst einkauft, erweckt sie den Eindruck, sie nähme aus dem Westen jeden, der für den Frieden ist, ein gutes Herz hat und mit Messer und Gabel essen kann.
Warum nicht gleich aufs Ganze gehen? Statt Ranke-Heinemann hätte die PDS das pazifistische Original selbst als Kandidatin aufstellen sollen. Es ist moralisch unangreifbar und kann sich vor allem nicht mehr um Kopf und Kragen reden. Petra Kelly for President! Jens König
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