Kandidat_innen für Gauck-Nachfolge: Merkel wollte Birthler
Medienberichten zufolge hat die Kanzlerin der früheren Stasiakten-Beauftragten die Kandidatur als Bundespräsidentin angeboten. Doch Birthler sagte ab.
Merkel wollte Birthler demnach als schwarz-grüne Kandidatin ins Rennen um die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck schicken. In einem Telefonat Ende vergangener Woche habe die frühere Stasiakten-Beauftragte der Kanzlerin zunächst ihre Bereitschaft signalisiert. Auch CSU-Chef Horst Seehofer sei mit dem Vorschlag einverstanden gewesen, da Birthler anders als Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) schon länger keine aktive Parteipolitikerin mehr sei.
Die Grünen-Führung war den Berichten zufolge in Merkels Pläne eingebunden. Schwarz-grün hätte eine Mehrheit in der Bundesversammlung, die im Februar den Nachfolger von Gauck wählt. Kurz vor dem Spitzentreffen von Merkel, Seehofer und SPD-Chef Sigmar Gabriel am vergangenen Sonntag im Kanzleramt habe Birthler dann aber einen Rückzieher gemacht, berichteten Spiegel, Süddeutsche Zeitung und Frankfurter Allgemeine Zeitung.
Damit konnte die Kanzlerin keinen aussichtsreichen Gegenkandidaten zu Steinmeier präsentieren, den Gabriel schon im Oktober öffentlich vorgeschlagen hatte. Merkel und Seehofer unterstützten schließlich den Außenminister, dessen Wahl zum neuen Bundespräsidenten angesichts der überwältigenden Mehrheit von Union und SPD in der Bundesversammlung praktisch sicher ist. Gauck hatte im Sommer angekündigt, nach einer Amtszeit aus Altersgründen aufhören zu wollen.
Birthler war von 2000 bis 2011 Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes in der ehemaligen DDR. Seit Mitte der 80er Jahre hatte sie sich in der Bürgerrechtsbewegung in der DDR engagiert. In der Wendezeit war sie bei Bündnis 90 aktiv, das sich später mit den Grünen vereinigte. Anfang der 90er Jahre amtierte sie als Ministerin für Bildung, Jugend und Sport in Brandenburg.
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