: Kampffront gegen Aoun
■ Pro-syrische Christenmiliz beteiligt sich an den Gefechten im Libanon / Frankreich verstärkt Flottenpräsenz, um notfalls zu „helfen“
Beirut/Berlin (afp/taz) - Nach den Drusen und der palästinensischen Abu-Mussa-Gruppe hat die syrische Besatzungsmacht im Libanon nun ihre christlichen Verbündeten in den Kampf gegen den gleichfalls christlichen General Michel Aoun in Ostbeirut vorgeschickt. Am Dienstag morgen wurde 50 Kilometer nördlich von Beirut eine neue Front eröffnet. Dabei lieferten sich in der Gegend von Madfun die christlichen Verbände Aouns heftige Artilleriegefechte mit der syrischen Armee und der pro-syrischen christlichen Marada-Miliz. Die Marada ist ein paramilitärischer Verband von Getreuen des mit Syrien verbündeten Ex-Staatschefs Suleiman Franjieh.
Die Front bei Madfun ist die dritte Kampflinie, an der sich das umzingelte Christenland seit Sonntag Angriffen ausgesetzt sieht. Am Sonntag hatten vor allem drusische Verbände bei Souk el Gharb zehn Kilometer östlich von Beirut mit Attacken begonnen. Die dritte Front ist die von Douar -Choueir im Metn-Gebirge nordöstlich von Beirut. Unterstützt von der syrischen Armee, verfolgen die libanesischen Milizen seit Sonntag eine Strategie wiederholter Attacken auf die Zugänge zum „Christenland“. In Beirut beschossen auch am Dienstag wieder beide Seiten gegnerische Wohnviertel. Bis zum-Mittag starben mindestens vierzehn Menschen, 98 wurden verletzt.
Die französische Regierung, die ehemalige Mandatsmacht des Libanon, hat unterdessen die Fregatte „Duquesne“ ins östliche Mittelmeer geschickt. Einem offiziellen Kommunique zufolge soll die Flottenpräsenz Frankreichs verstärkt werden, um eventuellen Hilfeersuchen nachzukommen“ und notfalls französische Staatsbürger zu evakuieren. Im östlichen Mittelmeer kreuzen bereits ein französischer Tanker und die Fregatte „Estienne d‘ Ovres“. Frankreich hatte im Zuge seiner kolonialen Präsenz in der Region unter Ausspielung der verschienden religiösen Gruppierungen gegeneinander geherrscht und dabei die maronistischen Christen bevorzugt. Nachdem Aoun im Frühjahr seinen Krieg gegen die Syrer ausgerufen hatte, war es in Frankreich zu einer regelrechten Kampagne zur „Verteidigung der letzten Christen im Orient“ gekommen. In Straßburg und Lyon werden derzeit ständige Mahnwachen gegen den Krieg im Libanon abgehalten. Frankreich setzte unterdessen seine diplomatischen Bemühungen um eine Beilegung des Konflikts fort.
Auch von anderer Seite erhielt Aoun erneut Rückendeckung: Der irakische Präsident Saddam Hussein betonte erstmals persönlich seine rückhaltlose Unterstützung des Generals. Hussein beschuldigte den syrischen Präsidenten Assad, die Teilung Libanons anzustreben und dort Unfrieden zu stiften. Irak, ein traditioneller Rivale Syriens, hat Aoun mit massiven Waffenbelieferungen, unter anderem Mittelstreckenraketen, unter die Arme gegriffen. Auch die USA kritisierten erneut die Rolle Syriens bei den Bombardements in Libanon und warfen Damaskus eine unverantwortliche Eskalation der Gewalt vor. Die US -Administration appellierte an beide Seiten, sich auf einen Waffenstillstand zu einigen und die Bemühungen der Arabischen Liga um eine politische Lösung zu unterstützen.
Papst Johannes PaulII. appellierte in seiner Sommerresidenz Castelgandolfo vor 2000 Gläubigen an Syrien, den Beschuß christlicher Gebiete einzustellen. In der Bundesrepublik traten unterdessen die Katholischen Bischöfe auf den Plan. „Mit tiefer Sorge und Erschütterung beobachten wir die schrecklichen Kämpfe im Libanon, mit denen vor allem der Zivilbevölkerung, insbesondere unseren Mitchristen, in menschenverachtender Weise unendliches Leid zugefügt wir“, heißt es in einer gestern in Bonn veröffentlichten Erklärung.
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