Kampf um Aleppo: Gelegenheit zum Abzug?
Das Gebiet der Rebellen in Aleppo schrumpft. Nun droht die syrische Armee allen, die im Ostteil der Stadt bleiben, mit dem Tod. Am Samstag flogen Kampfjets Luftangriffe.
Die syrische Armee und ihre Verbündeten, darunter schiitische Milizen aus dem Iran und dem Libanon, haben seinen Angaben zufolge mehr als 50 Prozent des bisher von Rebellen beherrschten Ostteils der einstigen Wirtschaftsmetropole eingenommen.
Am Samstag flogen Kampfjets Luftangriffe auf die immer kleiner werdende Enklave innerhalb der Stadt, die noch von Aufständischen kontrolliert wird. Vom Boden aus feuerten Artilleriegeschütze und Mörser auf die Stellungen der Rebellen. Aktivisten meldeten bis zu sechs Tote. Die Staatsmedien berichteten von fünf weiteren Opfern.
„Wir werden so lange weiterkämpfen, bis wir Stabilität und Sicherheit in allen Vierteln von Aleppo wiederhergestellt haben“, sagte Suleiman. Die Einnahme des als Alt-Aleppo bekannten historischen Stadtteils werde dabei das schwierigste Unterfangen sein. Dafür wird die Armee seinen Worten zufolge Spezialkräfte und Infanterie einsetzen.
Was in dieser Woche geschah
Die syrischen Regierungstruppen und verbündete Kräfte aus dem Libanon, dem Irak und dem Iran haben seit vergangener Woche in Windeseile mehrere Bezirke vor allem im Nordosten Aleppos erobert. Am Südrand Aleppos kommt die Offensive wegen des großen Widerstands etwas langsamer voran.
Zuletzt rückten die Regierungstruppen unter anderem in den Vierteln Tarik al-Bab und Al-Chaterdschi vor – und damit einen Kilometer tiefer ins Rebellengebiet. Unter anderem sei auch die Straße zum Flughafen von Aleppo abgesichert worden, hieß es von der Beobachtungsstelle. In der Nähe des Flughafens wurde aber am Samstag offenbar ein syrischer Kampfjet abgeschossen. Das meldeten die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf Militärkreise und die Beobachtungsstelle unter Verweis auf ihr Netzwerk von Aktivisten vor Ort. Beide erklärten, die Piloten der Maschine L-39 seien ums Leben gekommen.
Suleiman sagte hingegen: „Wir haben keine Information über einen solchen Zwischenfall und wenn so etwas passiert, gibt das Militär es bekannt“. Neben ihm besuchten den Staatsmedien zufolge auch der syrische Verteidigungsminister und andere ranghohe Regierungsvertreter am Samstag Aleppo.
Nach Schätzungen der UN flohen in der vergangenen Woche mehr als 30.000 Menschen vor den vorrückenden Soldaten, einige tiefer in die Rebellenenklave, andere in Gebiete der Regierung oder der Kurden.
Russland und die USA verhandeln
Alle diplomatischen Bemühungen, die Gefechte in Aleppo zu beenden, sind bisher fehlgeschlagen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow betonte am Samstag, sein Land sei bereit, rasch wieder mit den USA zu verhandeln. Wichtig sei aber, dass alle Rebellen – ohne Ausnahme – den Osten Aleppos verließen.
Die USA sind ein wichtiger Verbündeter der gemäßigten Rebellen in Syrien, die allerdings in Aleppo auch mit radikalislamischen Kräften zusammenarbeiten. Russland ist einer der zentralen Unterstützer der Regierung von Präsident Baschar al-Assad. Auch der Iran – als schiitische Schutzmacht – steht an der Seite Assads. Der iranische Präsident Hassan Ruhani sagte bei einem Treffen mit dem russischen Syrien-Gesandten Alexander Lawrentiew am Samstag in Teheran, sein Land und Russland würden so lange zusammenarbeiten, bis der Terrorismus ausgelöscht sei und in der Region wieder Frieden herrsche.
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