Kampf gegen Terror in Somalia: Die Verknüpfung der Kriege

Die USA möchten im Jemen den Kampf gegen den Terror verstärken. In Somalia ist er schon so gut wie verloren. Am Golf von Aden kreuzen sich militärische und kommerzielle Interessen.

Zerstörte Hotelanlage in Mogadischu: Die somalische Hauptstadt wurde bei den Kämpfen 2007 in großen Teilen zerstört, etwa 600.000 Menschen flohen aus der Stadt Bild: dpa

Am 13. November, sechs Wochen vor dem gescheiterten Terroranschlag von Detroit, wurde am Flughafen von Somalias Hauptstadt Mogadischu möglicherweise ein ähnlicher Anschlag vereitelt. Ein Somalier wurde gehindert, mit sprengstofftauglichen Chemikalien und einer Spritze ein Flugzeug nach Dubai zu besteigen. Die Maschine gehörte der Fluglinie Daallo Airlines aus Dschibuti und zuvor hatten Somalias Islamisten davor gewarnt, mit Daallo zu fliegen, weil die Fluglinie mit den USA und Israel zusammenarbeite.

Dass ausgerechnet in der Bürgerkriegshauptstadt Mogadischu ein mutmaßlicher Terrorist rechtzeitig erkannt wurde, war ein seltener Erfolg für Somalias völlig machtlose Übergangsregierung. Der größte Teil Mogadischus und die Südhälfte Somalias werden von den islamistischen Gruppen al-Shabaab und Hizbul Islam kontrolliert, deren enge Verbindung zu al-Qaida bekannt ist. Was die USA im Jemen verhindern wollen, ist in Somalia längst Realität.

Die Verknüpfung der Kriege in Jemen und Somalia ist in vollem Gang. Somalias Regierung behauptet, somalische Islamisten würden von Jemens Rebellen aufgerüstet. Al-Shabaab wiederum hat angekündigt, Kämpfer nach Jemen zu schicken, um den dortigen Kameraden gegen "die Feinde Allahs" beizustehen. Am Wochenende erklärte das britische Nato-Marinehauptquartier, die Nato-Kriegsschiffe im Golf von Aden würden jetzt neben Piraten auch Terroristen jagen.

Der Golf von Aden zwischen Jemen und Somalia verbindet Asien und die Golfstaaten über das Rote Meer mit Europa, und regional ist er der Seeweg zwischen Ostafrika und Arabien. Der Schutz dieser Seehandelsroute ist die wichtigste Aufgabe der in der Region stationierten Nato- und EU-Kriegsschiffe. Nach Beginn der EU-Marinemission vor Somalia Ende 2008 hatte sich die Aktivität somalischer Piraten zunächst vor Jemens Küste verlagert, bis eine verstärkte Flottenpräsenz sie in den Indischen Ozean Richtung Seychellen trieb. Doch seit Weihnachten 2009 sind im Golf von Aden erneut drei Schiffe gekapert worden.

Die Waffen für Somalias Piraten kommen von Händlern in Jemen, erklärte ein Piratensprecher vor wenigen Tagen in einem Interview. "Wir fahren heimlich an die jemenitische Küste, um Schnellboote und Waffen zu kaufen", sagte er. Auf dem umgekehrten Wege kommen afrikanische Flüchtlinge nach Jemen - allein im Jahr 2009 landeten dort nach UN-Angaben 74.000 Äthiopier, Somalis und Eritreer; zwei Millionen Afrikaner sollen in Jemen leben. Ein weiteres wichtiges Handelsgut ist die Droge Khat, die in Kenia und Äthiopien angebaut und in Somalia und Jemen konsumiert wird.

Die internationalen Anti-Piraten- und Anti-Terror-Patrouillen in der Region operieren aus dem kleinen Dschibuti heraus, dem ehemaligen Französisch-Somaliland, das bei der Unabhängigkeit 1977 zum größten europäischen Truppenstützpunkt in Afrika und zum französischen Horchposten Richtung Naher Osten wurde. Heute sind dort 1.200 US-Soldaten und 2.900 aus Frankreich stationiert. Die USA überwachen von Dschibuti aus die Seewege, Frankreich bildet Soldaten für Somalias Regierung aus. Die EU plant eine Ausweitung dieser Mission, Deutschland prüft eine Beteiligung.

Im benachbarten Somaliland hat eine französische Firma Ende 2009 die Verwaltung des Hafens Berbera übernommen, größter Hafen der Region und Handelsknotenpunkt für Äthiopien. In Berbera befindet sich auch die längste Flugpiste Afrikas, einst von den Sowjets gebaut und später von den USA als Notlandebahn für die Space Shuttle übernommen. Über Berbera ist zum Jahreswechsel nach elf Jahren saudischem Embargo auch der für die Region wichtige Lebendviehexport nach Saudi-Arabien wiederaufgenommen worden.

So bündeln sich immer mehr kommerzielle und strategische Interessen am Golf von Aden, die sich von der vermuteten Verknüpfung der islamistischen Aufstände der Region unter dem Banner al-Qaidas gestört fühlen. Als Störenfried, der Islamisten zusammenführt, gilt Eritrea, wo somalische Oppositionelle Asyl und angeblich auch Waffen bekommen. Nach manchen Berichten nutzt Iran eritreische Inseln im Roten Meer für Rüstungslieferungen. Niemand weiß, ob das alles stimmt, aber ebenso wie bei der Internationalisierung der Konflikte in Jemen und Somalia verhält die Außenwelt sich so, als sei es der Fall. Am 23. Dezember 2009 verhängte der UN-Sicherheitsrat gegen Eritreas Regierung ein Waffenembargo sowie personenbezogene Sanktionen wegen "Unterstützung für bewaffnete Oppositionsgruppen, die die Region destabilisieren".

Eritreas Diktator Isaias Afeworki, der sein Land rigoros von der Außenwelt abschottet, hat die Sanktionen als "vom CIA inspiriert" zurückgewiesen, aber er gerät unter Druck. Am 1. Januar behaupteten zwei eritreische Rebellengruppen, sie hätten bei Zalanbessa an der Grenze zu Äthiopien 25 eritreische Soldaten getötet. Die nächste heiße Front im regionalen "Krieg gegen den Terror" nach den Staubwüsten von Somalia und Jemen könnte Eritrea heißen, ein Land, das schon jetzt eines der größten Kontingente afrikanischer Bootsflüchtlinge im Mittelmeer stellt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.