Kampf gegen Rechts: Stiefelverbot für Neonazis

Was können Städte gegen Neonazis tun? Eine Studie der Ebert-Stiftung listet gute Ideen aus Behörden und Firmen auf. Ein Richter zwingt Rechte etwa zu Auftritten in Socken.

Das Stiefelverbot wird inzwischen gerne von Richtern verhängt - hier bei einer Nazi-Demo in Freiburg. Bild: dpa

Zum Beispiel Alois Mannichl. Wie der ehemalige Passauer Polizeidirektor sich Neonazis in den Weg stellte; wie er ihnen an ihren braunen Gedenktagen das Leben schwer machte; wie er Wirte in der niederbayerischen Stadt überzeugte, dass sie ihre Lokale nicht Rechtsextremisten zur Verfügung stellen - all das macht Mannichl für die Friedrich-Ebert-Stiftung zu einem Vorbild im Kampf gegen Neonazis.

Die SPD-nahe Stiftung hat 13 Beispiele "guter Praxis" bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus in einer Studie zusammengefasst, die sie an diesem Montag vorstellt. "Wir wollen Mut machen", sagt Studienautor Roland Roth, Politikwissenschaftler an der Fachhochschule Magdeburg-Stendal. "Es gibt überall Handlungsmöglichkeiten. Man muss sich nur trauen."

Mannichl steht dabei beispielhaft für den Beitrag, den Vertreter des Staates leisten können. Sein Motto: "Mit Kreativität und Hartnäckigkeit alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen." Ein Engagement, das aber in seinem Fall womöglich böse Folgen hatte: Im Dezember 2008 wurde er vor seinem Haus niedergestochen, die Hintergründe der Tat sind bis heute ungeklärt.

Lobend erwähnt wird in der Studie auch der Brandenburger Jugendrichter Andreas Müller, der durch kreative Urteile gegen Nachwuchs-Neonazis bekannt wurde. Braunen Kadern verbot er vor Gericht die Springerstiefel - und ließ sie in Socken aussagen. Rechten, denen er Lernfähigkeit zugestand, schickte er in pädagogischer Begleitung zu KZ-Gedenkstätten. Das hat laut der Studie zu einer "nachhaltigen Verunsicherung der lokalen rechtsextremen Szene" geführt.

Dort werden auch mehrere vorbildliche Initiativen aus der Zivilgesellschaft angeführt, etwa die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus in Berlin oder das Bündnis "Wernigerode für Weltoffenheit", das in der sachsen-anhaltinischen Stadt unter anderem die Verteilung von NPD-CDs auf Schulhöfen verhinderte.

Beispielhaft findet die Ebert-Stiftung auch das Engagement mancher Firmen. So hat etwa das baden-württembergische Unternehmen Freudenberg 2007 knapp 30 Managerinnen und Manager in eine Neonazihochburg in Sachsen geschickt, um bei der Renovierung eines Hauses für Demokratie mitzuhelfen. Auch EKO Stahl Eisenhüttenstadt, heute ein Teil von ArcelorMittal, zeigt seit einem fremdenfeindlichen Angriff durch Azubis Ende der 90er-Jahre klare Kante gegen Rechts - unter anderem mit Betriebsvereinbarungen, in denen ausländerfeindliches Verhalten auch außerhalb der Arbeitszeit verdammt wird.

Insgesamt sei aber die Unterstützung von Anti-Rechts-Initiativen durch Firmen "noch völlig unterentwickelt", befindet der Politikwissenschaftler Roland Roth, vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen.

Auch die Bundespolitik kommt in der Studie trotz der bestehenden Programme gegen Rechtsextremismus nicht allzu gut weg. Es gebe "keinen ernsthaften Versuch", zu einem übergreifenden Konzept zu kommen, beklagt Studienautor Roth. Er konstatiert ein "unkoordiniertes Nebeneinander" von Aktivitäten verschiedener Ministerien. "Wir haben es mit Programmteilen, aber nicht mit einem Programm zu tun, das strategischen Ansprüchen genügen könnte."

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