Kampagne gegen Kopfpauschale: SPD will Unterschriften sammeln
Auf ihrem Landesparteitag in Nordrhein-Westfalen will die SPD aus dem Tief kommen. Sie plant eine Kampagne gegen die Gesundheitspolitik von Schwarz-Gelb.
BERLIN taz | Dortmund ist in diesen Tagen zu einem Symbol geworden für die SPD, es soll endlich wieder nach vorne gehen.
Wenn die gebeutelten Sozialdemokraten am Freitag mit der Rede der Landesvorsitzenden Hannelore Kraft ihren Landesparteitag in der Ruhrgebietsstadt beginnen, dann wollen sie wenigstens kurz an etwas denken, das schon fast aus dem Gedächtnis gestrichen schien: an einen Sieg bei der bevorstehenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai. "Wir sind hoch motiviert", sagte die Bundestagsabgeordnete Ulla Burchardt der taz, "es wird erst auf der Zielgeraden entschieden." Und auch der Fraktionsvize Ulrich Kelber freut sich, das Rennen sei "doch wirklich sehr knapp".
Es sind eine Reihe von Umständen, die der SPD helfen, die Katerstimmung der Bundestagswahl allmählich zu verdrängen. Seit Anfang des Jahres zerlegt sich in regelmäßigen Abständen die größte Konkurrenz: Der FDP-Landeschef Andreas Pinkwart stritt sich mit seiner Partei um die Hotelmehrwertsteuer, die Linke ist gezeichnet vom Führungsstreit im Bund. Und seit Tagen muss sich nun auch Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gegen Vorwürfe wehren, man könne Sponsorengespräche mit ihm bei der CDU erwerben.
Allein die Tatsache, dass Hannelore Kraft bisher ohne vergleichbare Affären auskam, empfindet die SPD als Rückenwind. Und so heben auch eher skeptische Parteikollegen bei der Bewertung der Spitzenkandidatin hervor, Kraft habe "bisher keine Fehler gemacht".
Dennoch - für einen personalisierten Wahlkampf reicht ihr Charisma in den Augen der GenossInnen offenbar nicht aus. Stattdessen planen sie eine thematische Offensive: Gesundheit, kommunale Finanzen und Arbeit sollen die Diskussionen bis Mai bestimmen. Aus Parteikreisen erfuhr die taz, dass die SPD beim Thema Gesundheit kurzfristig eine Unterschriftenaktion gegen die Kopfpauschale plant.
Offiziell gibt man sich verschlossen - auch bei den Fachpolitikern. Der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach bestätigte lediglich, es werde ein herausragendes Thema: "Dreiviertel der Bevölkerung wollen die Pauschale nicht", zitiert er eine jüngere Umfrage: "Selbst die FDP-Wähler sind dagegen."
Knapp zehn Wochen vor der Wahl zeigen die Umfragen für die SPD leicht nach oben - wenn auch die öffentlich herbeigewünschte rot-grüne Regierung in weiter Ferne bleibt. Mit 31 Prozent der Stimmen kann die Partei laut der neuesten Erhebung des Meinungsforschungsinstituts GMS rechnen, die CDU steht bei 39, die Grünen bei 12, die FDP bei 7 und die Linke bei 6 Prozent.
Die Möglichkeiten für eine rot-rot-grüne Regierung sind also theoretisch vorhanden - praktisch will fast niemand in der SPD etwas damit zu tun haben. "Keine halbwegs ernst zu nehmende Position" habe die Linkspartei, sagt die Dortmunderin Ulla Burchardt. "Wir werden sie nicht mit einer Rot-Rot-Grün-Diskussion aufwerten", betont Fraktionsvize Kelber. Die Positionen stehen also. Bis zum 9. Mai, 18 Uhr.
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