: Kamerun: Armee gegen Demonstranten
■ Massenkundgebungen in Kameruns Städten gegen die Diktatur/ Präsident Biya: „Ich bin einer der besten Demokratieschüler“
Berlin (taz) — In Kamerun gerät das Regime von Präsident Paul Biya unter zunehmenden Druck. Seit drei Tagen geht die Armee gegen Demonstranten vor, die in verschiedenen Städten zu Tausenden gegen die Einparteienherrschaft auf die Straße gehen. Gestern erlebten Baturi und Tibati im Landesinneren Demonstrationen, für heute ist eine Kundgebung in Duala, der größten Stadt des Landes, geplant. Die anhaltenden Protestmärsche folgen auf einen Militäreinsatz gegen eine Großdemonstration in der Hauptstadt Jaunde am Mittwoch, bei dem zwei Studenten erschossen wurden.
Die Lage in der Hauptstadt blieb auch gestern äußerst gespannt. Mehrere hundert Studenten sind seit Dienstag in Haft, das Universitätsgelände ist von Soldaten umstellt. „Niemand wird verhaftet“, behauptete der Gouverneur von Jaunde, Namvou Benoit. „Wir stellen nur die Ordnung wieder her.“
Die Oppositionsparteien und Menschenrechtsgruppen, die sich am Montag bei einem Treffen auf ein koordiniertes Vorgehen gegen das Regime verständigt hatten, fordern die Einberufung einer Nationalen Konferenz, um eine neue Verfassung auszuarbeiten. Seit Ende 1990 sind Oppositionsparteien in Kamerun zugelassen; die Regierungspartei hat jedoch weiterhin die absolute Macht.
Die Protestwelle kommt für Präsident Biya zu einem denkbar ungelegenen Zeitpunkt, da er sich gerade zu einem Staatsbesuch in Paris aufhält. Nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident Mitterrand wies er gestern die Forderungen der Opposition zurück. „Wenn ich Herrn Mitterrand richtig verstehe, glaube ich, daß ich einer der besten Demokratieschüler in Afrika bin“, sagte er dem französischen Rundfunk.
Wie die Demokratie Schule macht, zeigen unterdessen die kamerunischen Behörden, die die jüngste Ausgabe der unabhängigen Wochenzeitschrift 'Le Messager‘ ohne offizielle Begründung beschlagnahmt haben. „Wir wissen nicht, welches der inkriminierte Artikel sein soll“, erklärte die Zeitung der taz. Doch Oppositionskreise meinen den Grund zu kennen: Unter dem Titel „Alles über die politischen Gefangenen des 6. April“ veröffentlicht die Zeitung eine Liste von etwa 200 Häftlingen, die seit dem Putschversuch vom 6. April 1984 einsitzen, darunter 122 Namen von zu fünf Jahren Verurteilten und 38, die ohne Gerichtsurteil inhaftiert sind. Weiter werden Häftlingsberichte über Foltermethoden dokumentiert. D.J.
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