■ Buchtip: Kamera und Sprache
Claudio Lange, in Santiago de Chile geboren, lebt seit 1975 als freier Künstler in Berlin. Lange schreibt in mehreren Sprachen, auf griechisch, auf spanisch, auf deutsch. Diese Mehrsprachigkeit, ebenso wie der detailbesessene Blick des freien Künstlers, ist den Texten und Fotos seines neuesten Buches anzumerken.
Mit frei schweifendem Blick und frei schweifenden Gedanken hat er die Plätze Berlins erforscht und vor allem Szenen des Auf- und Umbaus rund um den Potsdamer Platz festgehalten. Lange ist ein geistreicher Flaneur, dessen Blick Himmel und Erde verbindet, der zu sehen gelernt hat, wie sich in den Baustellen Vergangenheit und Zukunft des Ortes spiegeln. Die Texte versuchen der Wirklichkeit oft mit lakonischen Thesen beizukommen: „Man geht seiner Wege, alles ist gesagt“ ... „Ich hatte recht, ich war unmöglich“ ... (Instruktion) und konfrontieren diese wie Postulate gesetzten Sätze mit Sprachbildern, mit Metaphern, die den Gedanken in die Quere kommen, so daß sie das Allgemeine der Aussage zersetzen. „Scharen vom Rhythmus des Stillstands beschlichen, im flauschigen Gefühl weicher Ellbogen, was dem Abbruch keinen Aufbruch tut.“ ... „Schwalben verhindern keine Havarie“ (Instruktion). So werden die Reflexionen in der Schwebe gehalten, bleiben offen für die Widersprüche der Welt, die sich dem fotografischen Auge offenbaren. Als Eindruck bleibt: Da geht einer in Gedanken durch die Welt und versucht, mit seinen „Kleinen Werkzeugen“, mit seinem Fotoapparat und seinen Sprachen „die Lichtnatur der Lüge“ zu erforschen. Wolfgang Heyder
Claudio Lange: „Kleines Werkzeug“. Dichtungen bis 1996; Das Arabische Buch, Berlin 1996, 29,80 Mark
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