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Kambodschas neue FamilienregierungNepotismus an der Macht

In Kambodscha wird die neue Regierung einfach aus den Söhnen der alten Minister gebildet. Diese ziehen weiter im Hintergrund die Fäden.

Hun Sen bei seiner letzten offiziellen Rede Anfang August. Jetzt darf der Sohn Hun Manet was sagen Foto: Kyodo/dpa

BERLIN taz | Bei der Eröffnung der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments am Montag hat Kambodschas König Norodom Sihamoni gesagt, er glaube, die neue Regierung werde an diesem Dienstag die Zustimmung des Parlaments erhalten. Wenn der Monarch Sinn für Humor und Ironie hat, dürfte er innerlich bei dieser Aussage gegrinst haben.

Denn nach dem Verbot von Oppositionsparteien hat die seit fast vier Jahrzehnten regierende „Kambodschanische Volkspartei“(CPP) des scheidenden despotischen Premierministers Hun Sen bei der Wahl im Juli 120 der 125 Mandate gewonnen.

Die kambodschanische Regierung ist ein Paradebeispiel für Vetternwirtschaft, die selbst in Südostasien mit seinen notorisch vielen politischen Familiendynastien beispiellos ist. Neuer Premierminister wird Hun Manet, der älteste Sohn des 71-jährigen Hun Sen.

Mit Kabinettsposten bedacht wurden Hun Sens jüngster Sohn Hun Many, sein Neffe Neth Savoeun und auch Hun Manets Schwiegervater Pich Sophorn, ein angeheirateter Verwandter der hinter den Kulissen mächtigen und als extrem korrupt geltenden Bun Rany, Hun Sens Ehefrau.

Über die Politik der Söhne wachen die Väter

Aber es geht noch weiter mit der Vetternwirtschaft. Auch die meisten der langjährigen älteren Minister treten ab und geben ihre Posten an die Söhne weiter.

Es herrschen Zweifel, ob die Jungpolitiker kompetent sind und ob sie überhaupt was zu sagen haben werden. Denn weder Hun Sen noch die anderen Senioren begeben sich in den wohlverdienten Ruhestand, sondern werden im Hintergrund als Kader der CPP und im Senat weiter bestimmen, wo es lang geht.

Der seit 1985 amtierende Hun Sen bleibt als Vorsitzender der CPP der Pate der kambodschanischen Politik und strebt 2024 einen Sitz im Senat an. Hun Sen hatte auch schon vor einiger Zeit wissen lassen, er werde als Premierminister zurückehren, sollte der Sohnemann versagen.

Hun Sen hat den Generationswechsel von langer Hand vorbereitet und schon in den letzten Jahren jüngere, auch durchaus kompetente Politiker ins Kabinett geholt. Sie sollen als Technokraten in ihren Ressorts für Schwung sorgen.

Oppositionspolitiker: Machtwechsel ist eine „Farce“

Damit reagierte der gewiefte Politikfuchs auf den Schock seines Lebens. Die Wähler hatten nämlich bei der Parlamentswahl 2013 die CPP an den Rand einer Niederlage und die Opposition fast an die Macht gebracht. In den folgenden Jahren liess Hun Sen die wichtigsten Oppositionsparteien verbieten, Dissidenten ins Gefängnis stecken und die Pressefreiheit abwürgen.

Das „Familiengeschäft“ Politik dient in Kambodscha einzig der Sicherung des von Hun Sen sorgsam austarierten und trotzdem fragilen korrupten Geflecht aus Fraktionen, Politdynastien, Militär und der von der Elite dominierten Wirtschaft.

Der wichtigste Faktor für die weitere Dominanz der CPP in der Politik, sagte der 45-jährige Hun Manet Anfang August nach seiner Ernennung zum Premierminister auf Facebook, sei die „Solidarität und innere Einheit der Partei“.

Die Machtübernahme von Hun Manet sei eine „Farce“, die man amüsant finden könnte, erklärte der im französischen Exil lebende Oppositionsführer Sam Rainsy auf X, stünde nicht das Schicksal des Landes auf dem Spiel. Denn, so Rainsy: „Mangelnde Legitimität ist das automatische Ergebnis risikoloser Wahlen.“

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