Kamala Harris: Mut und Optimismus statt Lethargie
Unser*e Kolumnist*in war frustriert, dass Joe Biden wieder zur Wahl als US-Präsident antreten wollte. Doch dann kam die Hoffnung zurück.
A ls politischer, junger Mensch war ich eigentlich nie pessimistisch. Ich bin Optimist*in, schrieb ich ganz am Anfang dieser Kolumne einmal. Ich wurde nicht einmal lethargisch, als nach dem globalen Klimastreik wieder kaum etwas passierte. Irgendwo sah ich immer Hoffnung. Als in Deutschland im Januar dieses Jahres die Demos gegen die Deportationspläne der AfD begannen, hatte ich Mut. Als CSD in Sonneberg war und wir von Neonazis angeglotzt wurden, die gerne zugeschlagen hätten, wenn die Polizei uns nicht beschützt hätte, hatte ich Mut.
Dann kam der US-Präsidentschaftswahlkampf 2024 und die Tatsache, dass Joe Biden erneut kandidieren und ihn offenbar niemand davon abhalten wollte. Ich fragte mich immer wieder: Wie kann es bitte sein, dass im Angesicht einer drohenden Machtübernahme eines Faschisten wie Trump das demokratische Lager niemand anderen ins Rennen schicken will als einen senilen und gesundheitlich ungeeigneten 82-Jährigen? Trump droht offen mit der Vertreibung von trans Menschen, weltweit warten Rechtsextreme darauf, dass er eine Autokratie errichtet. Und Joe Biden soll das richten? Wenn die Demokratie das als Antwort auf eine derartige Bedrohung hat, dann hätte sie es irgendwie nicht besser verdient. Ich habe mich für diesen Gedanken gehasst.
Warum noch kämpfen, wenn ein seniler Mann den US-Präsidenten spielen soll? Danach holen wir den nächsten alten Mann aus der Mottenkiste, der es irgendwie geschafft hat, im politischen Betrieb so wenig Leuten auf den Schlips zu treten, dass er Kandidat werden kann? Mich frustrierte diese Perspektive. Mehr als jedes gute AfD-Ergebnis bei der Europawahl, mehr als jede Umfrage zu Homophobie und mehr als jede Schlagzeile über queerfeindliche Gewalt. Weil es im Grunde dafür stand, dass die Demokratie sich aufgegeben hatte.
Dann kam Kamala Harris. Eine Frau, vergleichsweise jung, mit einer Kampagne, die aus mehr als „Wählen Sie nicht den bösen Onkel“ besteht. Und plötzlich begeisterte sie mich. Das ist fast schon grotesk, weil ich nicht glaube, dass sie die Welt verändern wird. Aber sie verhindert, dass die Lethargie in mir gewinnt. Harris steht für eine Welt, in der es sich lohnt, für Veränderung zu kämpfen.
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Bis vor wenigen Wochen war nicht klar, ob man dem amtierenden US-Präsidenten überhaupt sagen kann: Du kannst nicht noch mal antreten. Egos und Männer halt. Dass es am Ende doch ging, zeigt, dass die Demokratie noch lebendig ist. Da war ich mir nicht mehr sicher.
Wie schön wäre es, wenn ein Typ wie Trump von einer Frau an dem gehindert wird, was er längst für selbstverständlich hält? Harris kann die Erzählung hinter Trump beenden. Wenn es eine Chance gibt, dass die Republikanische Partei jemals wieder von einem Sammelsurium aus Incels, fundamentalen Christen, Faschisten und Mitläufern wieder zu einer halbwegs normalen Partei werden kann, dann ist es der Moment, wenn Trump gegen Kamala Harris verliert.
Das Kämpfen gegen die Bedrohung faschistischer und reaktionärer Kräfte hat viel zu lange keinen Spaß gemacht. Harris bringt ihn mit ihrer popkulturellen Ader zurück. Spätestens seit sie von Sängerin Charli XCX als „brat“, also Göre, geadelt wurde. Wenn also eine diese Kehrtwende für die Demokratien in den USA, Deutschland oder Frankreich anstößt, dann ist es Kamala Brat Harris. Nennt mich naiv, aber ich glaube daran. Ich bin ja immer noch Optimist*in.
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