: Kalibergleute besuchten Thüringer Landtag
■ Betriebsstillegungen trotz erhöhter Auslandsnachfrage
Erfurt. Mit einer Protestdemonstration vor dem Landtagsgebäude in Erfurt erzwangen am Freitagfrüh Bergleute der Mitteldeutschen Kali AG eine Änderung der Tagesordnung des Thüringer Landesparlamtes. Nach Gesprächen von Vertretern der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE) mit allen Fraktionsvorsitzenden befaßte sich das Landesparlament mit der Situation in der Kaliregion. Hauptforderungen der Kumpel sind die Sicherung der Finanzierung des Sozialplanes und ein solides Sanierungskonzept für die Kaliindustrie. Von den ehemals 30.000 Beschäftigten sollen nach den derzeitigen Konzepten nur 6.000 übrig bleiben. Ministerpräsident Duchac hatte im Sptember vorigen Jahres die Zahlung der im Sozialplan vorgesehenen Mittel zugesichert. Das Land Thüringen hatte dann auch bis April die Finanzierung, die normalerweise vom Bund getragen werden muß, übernommen.
Betriebsratsvorsitzender Henry Lonser aus Dorndorf bezeichnete es als widersinnig, daß in den benachbarten Fabriken der westdeutschen Kali und Salz AG sonnabends und sonntags durchgearbeitet wird, während die Dorndorfer Anlagen stillgelegt würden. Für das früher hier produzierte Kalisulfat gäbe es auf dem Weltmarkt steigende Absatzchancen. Allerding sei in der veralteten Dorndorfer Fabrik zu teuer produziert worden. Es bedürfe deshalb einer Übergangslösung und des Neubaus einer Sulfatfabrik, die rund 125 Millionen Mark an Investitionen verlange. Schon zu DDR-Zeiten war vom Kombinat Kali Werra ein Vertrag über die Lieferung von Kalilauge zur Kalisulfatproduktion mit der westdeutschen Kali und Salz AG abgeschlossen worden. Damit wurde nach Ansicht der Gewerkschafter dem Dorndorfer Betrieb das wichtigste Standbein geraubt.
Der Suhler IGBE-Sekretär Gunter Silla machte darauf aufmerksam, daß seine Gewerkschaft schon seit Jahren verlangt, die Kaliproduktion und -lieferung mit der Entwicklungshilfe zu koppeln. Damit könnten hier Arbeitsplätze erhalten und in der Dritten Welt Hilfe beim Lösen des Ernährungsproblems geleistet werden. Auf den sulfatarmen Böden Asiens beispielsweise könne Kalisulfatdüngung deutliche Ertragssteigerungen bringen.
Nachdrücklich machte der Gewerkschaftssekretär deutlich, daß die IGBE weitere Aktionen startet, wenn mit der mehrstündigen Demonstration vor dem Landtag nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt werden. Möglicher nächster Schritt könne eine Großdemonstration am 20. Juli in Sondershausen sein. adn
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