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Kämpfe im Osten KongosM23-Rebellen ziehen nicht ab

Ein Ultimatum der Regierungen der Region an die M23-Rebellen verstreicht ergebnislos. M23 verlangt direkte Gespräche mit Kongos Regierung.

Soll die Rebellen aufhalten: Straßensperre der Armee nördlich von Goma, Freitag Foto: Jerome Delay / ap

Kampala taz | Seit Freitagabend um 18 Uhr halten im Osten der Demokratischen Republik Kongo alle gespannt den Atem an. Zu diesem Zeitpunkt lief das Ultimatum zum Rückzug der Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) „aus den besetzten Gebieten zurück in ihre Ausgangspositionen“ ab, welches die Regierungen der Region am Mittwoch in Angolas Hauptstadt Luanda als zentrale Bedingung eines ab diesem Moment zu geltenden Waffenstillstands vereinbart hatten.

Gemeint ist mit den Ausgangspositionen der erloschene Vulkan Sabinyo im Dreiländereck zwischen Kongo, Ruanda und Uganda, wo die Tutsi-geführten M23-Rebellen sich bis vor einem Jahr verschanzt hatten, bevor sie weite Gebiete in der Provinz Nord-Kivu eroberten.

Die M23-Rebellen reagierten am Freitag verhalten. Sie erklärten, sie würden den Waffenstillstand einhalten – verwiesen aber darauf, dass die letzte Feuerpause im April von Kongos Armee gebrochen worden war, nicht von ihnen. Sie wollen an Verhandlungen selbst beteiligt sein, sonst bleiben sie auf ihren Positionen.

Von einem militärischen Rückzug war bis Sonntagnachmittag nichts zu sehen. Am Samstag blieb es zwar an der bislang hart umkämpften Frontlinie nördlich der Provinzhauptstadt Goma ruhig, doch nordwestlich der Millionenstadt, hinter dem Nyiragongo-Vulkan, rückten M23-Kämpfer rückten weiter in die Berge von Masisi vor.

Masisis Almen sind die Heimat vieler kongolesischer Tutsi. Jüngst wurden dort ganze Kuhherden geschlachtet, mutmaßlich von der im Kongo kämpfenden ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), die Teile dieser Region kontrolliert. Es zirkulieren auch unbestätigte Nachrichten von einer gezielten Jagd auf dort lebende Tutsi.

M23 will gegen FDLR kämpfen

Die M23 erklärte gegenüber der taz, sie wolle mit gezielten Operationen die FDLR unschädlich machen. Auf taz-Nachfrage beharrt M23-Präsident Bertrand Bisimwa am Sonntagmorgen erneut darauf: Er wolle direkt mit den Vermittlern sprechen, bevor er einen Rückzug anordne. Eine Einladung an die M23 zu den geplanten Verhandlungen zwischen Kongos Regierung und den bewaffneten Gruppen Ostkongos in Kenias Hauptstadt Nairobi sei ebenfalls noch nicht erfolgt. Er warte auf Antwort.

Unterdessen rücken in Goma immer mehr Soldaten aus Kenia an. 900 Angehörige der kenianischen Armee wurden mittlerweile im Rahmen eines Mandats der Regionalorganisation EAC (Ostafrikanische Gemeinschaft) stationiert. Sie sollen laut der am Mittwoch getroffenen Vereinbarung in diejenigen Gebiete vorrücken, aus welchen sich die M23 zurückzieht, um eine Pufferzone zu etablieren.

Kenias Regierung beharrt darauf, dass die Aufgabe ihrer Soldaten rein defensiv sei. Kongos Regierung hatte gehofft, die Kenianer würden helfen, die M23 zu bekriegen.

M23-Chef Bisimwa sagte vergangene Woche der taz im Interview, die M23 werde keine Kämpfe mit Kenias Truppen provozieren. Er wirft Kongos Armee zudem vor, mit der FDLR zusammenzuarbeiten. Auf Twitter warnen nun die M23-Militärführer: „Wenn die Kenianer sich entscheiden, sich den Extremisten der FDLR anzuschließen, die unsere Dörfer seit 1994 besetzt halten, werden wir keine andere Wahl haben, als uns zu wehren.“

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5 Kommentare

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  • Und alle dürfen sich bei den Franzosen bedanken, die den Genozidären 1994 die Flucht in die DRC erst ermöglichte und immer noch Täter im eigenen Land nicht juristisch verfolgt. Von den durch französische Soldaten begangenen Verbrechen nach der Befreiung Ruandas mal ganz zu schweigen. Und der Ausbildung der Genozidäre davor. Diesmal waren die deutschen Kolonialherren zu früh und zu kurz dort, um richtig Schaden anzurichten. Im Prinzip ist das ein durch die Kolonisierung erst entstandener Konflikt, der durch Fehlverhalten von ehemaligen Kolonialherren und der Ignoranz der Weltgemeinschaft den Genozid und die daraus resultierenden Probleme ermöglichte. Wer gesehen hat, was die Hutu-Milizen in den 100 Tagen angerichtet haben, wird verstehen, dass M23 Schwierigkeiten hat, diesen zu vergeben.

    • @Hefra1957:

      Seit 1960 bzw.1962 sind Kongo und Ruanda souveräne Staaten,wie allgemein die meisten Staaten Afrikas seit ca. 60 Jahren ihre Geschicke zumindest offiziell selber verwalten. Es hatten also 2-3 Generationen Zeit ,die aus der Kolonialzeit stammenden Grenzen und die ,wie im Falle Ruandas, ethnischen Einteilungen zu ändern.Das ist nach meinem Wissen nur in ganz geringen Umfang jemals geschehen.



      Das Kolonialisierung als primäre Problemursache zu sehen, ist zwar menschlich verständlich -"Die Anderen haben Schuld!"- aber das Argument nutzt sich mit jedem verstreichenden Jahr mehr ab.

      • @Mustardmaster:

        Wie lange hat es nochmal gedauert, bis Deutschland als Staat entstanden ist und wie viele Kriege waren nötig, bis die europäischen Staaten sich zusammengerauft hatten?

    • @Hefra1957:

      Wer sind denn bitte die deutschen Kolonialherren ?



      Deutsche Politiker oder wer ist damit gemeint.

      • @Alex_der_Wunderer:

        Bittesehr: "Deutsche Kolonialverwaltung -



        Ruanda war von 1890 an durch den Helgoland-Sansibar-Vertrag bis Ende des Ersten Weltkrieges völkerrechtlich Bestandteil von Deutsch-Ostafrika. Das Gebiet wurde aber erst spät in die Deutsche Kolonie eingegliedert und kontrolliert. Im Jahre 1894 hielt sich der deutsche Oberleutnant Graf Gustav Adolf von Götzen für zwei Monate als erster Europäer am ruandischen Königshof auf. Die Afrikamissionare Weiße Väter gründeten 1900 ihre erste Missionsstation. Im Jahr 1907 wurde der erste deutsche Stützpunkt in Kigali eröffnet. Richard Kandt wurde kaiserlicher Resident in Ruanda. Zu keiner Zeit wurden mehr als ein gutes Dutzend deutscher Kolonialbeamter in diesem Gebiet eingesetzt. Auf einer Kolonialkonferenz in Brüssel wurden 1910 die Grenzen von Belgisch-Kongo, Britisch-Uganda und Deutsch-Ostafrika – das auch Ruanda-Burundi umfasste – festgelegt. Ein Volksaufstand im Norden wurde 1911 von der deutschen Schutztruppe und Stammesfürsten der Tutsi niedergeschlagen. Der Anbau von Kaffee für den Export begann zwischen 1913 und 1914, ebenso die Einführung der Kopfsteuer." Aus: wikipedia, Geschichte Ruandas