: Kälte gegen Rheuma
■ Rehabilitations-Mediziner gehen neue Wege bei chronischen Krankheiten
Eine neue Form der Schmerzbehandlung wurde gestern auf dem Kongreß der Rehabilitations-Mediziner im Audimax vorgestellt: die Ganzkörperkältetherapie. Die Patienten mit chronischen Schmerzen aufgrund entzündlicher Gelenkerkrankungen wie zum Beispiel Rheuma werden in eine neu entwickelte geschlossene Kältekammer geführt. In der Kältebox herrschen 105 Grad minus, so daß der gewünschte Effekt einer Abkühlung bereits nach zweieinhalb Minuten eintritt. Danach können die chronisch Schmerzkranken sich wieder aufwärmen.
Durch die Abkühlung wird der permanente Schmerzreiz unterbrochen, und die Patienten können aufgrund der Muskelentspannung kurzzeitig an intensiven krankengymnstischen Maßnahmen teilnehmen. Die Kälteeinwirkung gilt als Hemmschuh gegen Entzündungen und Schwellungen und wurde nach antikem Vorbild in Japan entwickelt. Die wenig invasive Methode, die zur Reduktion der Schmerzmitteleinnahme führen kann, hat allerdings den Nachteil, daß die Schmerzlinderung nach anderthalb bis drei Stunden nachläßt. Obendrein haben nicht nur die Rheumatiker mit der Enge und der daraus resultierenden Platzangst in der technisch perfektionierten Eiskammer zu kämpfen, die herkömmliche lokale Kältebehandlungen ablösen soll.
Rund 80 Prozent der Patienten im Wartezimmer der niedergelassenen Ärzte sind chronisch krank. Das Interesse der Forschung an „Dauerkrankheiten“sei jedoch gering, kritisierten die rund 1000 Teilnehmer des rehabilitationswissenschaftlichen Kolloquiums. In der Regel beschäftige sich die Forschung lieber mit akut auftretenden Erkrankungen. Zu den Stiefkindern der Wissenschaft zählen neben Rheuma verschiedene Wirbelsäulenerkrankungen, Krebs und irreparable Unfallschäden sowie psychosomatisch bedingte Störungen, so Tagungsleiter Uwe Koch, Arzt und medizinischer Psychologe an der Uni-Klinik Eppendorf.
Der Kongreß solle dazu beitragen, verschiedene Berufsgruppen in der Rehabilitation zusammenzuführen und ihre Leistungen aufeinander abzustimmen. Nur so könne Menschen mit chronischen Schmerzen oder Behinderungen dazu verholfen werden, trotz ihrer Krankheit selbständig im Freundeskreis und im Berufsalltag zurechtzukommen. lian
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen