Kachelmann bei Günther Jauch: Freispruch aufgehoben
Günther Jauch diskutiert den Fall Kachelmann in seiner Sendung und wiederholt die Fehler des Prozesses gegen den Wettermoderator.
Der Schweizer Wettermoderator Jörg Kachelmann wurde am 31. Mai 2011 vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. 44 Verhandlungstage hatte das Mannheimer Landgericht dafür gebraucht. Es war ausdrücklich nicht von Kachelmanns Unschuld überzeugt, doch hatte die Klägerin sich in große Widersprüche verknotet.
Die Zeit seither hat Kachelmann genutzt, ein Buch zu schreiben. Aus diesem Anlass saßen Jörg und Miriam Kachelmann am Sonntagabend in der ARD-Talkshow bei Günther Jauch. Die Sache sollte noch einmal aufbereitet werden.
Was gründlich schief ging. An Miriam Kachelmann, vom Moderator lediglich als „seine Ehefrau Miriam“ vorgestellt, richtete er die Frage: „Er hatte nicht nur Sie, er hatte auch etliche andere Frauen“ – ob sie da nicht gedacht habe, „wenn der mich so belogen hat“, sei er auch zu einer Vergewaltigung imstande?
Nun hätte es der Jauch-Redaktion eine Warnung sein können, dass schon das Mannheimer Gericht unter rechtsstaatlichen, aber auch medienpolitischen und geschmacklichen Kriterien an dem Fall gescheitert war. Doch schien Jauch zur Wiederholung der Fehler des Kachelmann-Prozesses stur entschlossen. Auch mit über einem Jahr Abstand sollte der Unterschied zwischen Beziehungslügen und schweren Straftaten ein bisschen verwischt werden. Motto: Wer seineN SexualpartnerIn betrügt, neigt auch zur Gewalt.
„Die Medien haben uns alle zu Voyeuristen gemacht“, rief Gerhart Baum, früherer FDP-Innenminister, später in einer Art Verzweiflung. Auch er wollte keinesfalls mehr über Kachelmanns Bettgeschichten erfahren. Genau darin aber bestand das Jammervolle des Abends. Trotz kompetenter, auskunfts- und zuspitzungsfähiger Diskussionspartner blieb das Produkt der Sendung ein weiteres Gewölle aus Mutmaßungen und Unterstellungen.
Die einzige für alle wichtige Frage blieb darin verborgen: Pflegt der Rechtsstaat einen angemessen Umgang mit Vergewaltigungsvorwürfen? Die ARD, so viel steht fest, sucht ihn noch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist