piwik no script img

Kabinett will mehr MieterschutzPlötzlich geht da was

Seit dem Koalitionsbruch entdeckt Rot-Grün den Mieterschutz: Kappungsgrenze senken, Transparenz bei möblierten Wohnungen. Nur die Mehrheiten fehlen.

Leider ist es eher unwahrscheinlich, dass diese Vorhaben noch vor der Neuwahl durch den Bundestag kommen Foto: Patrick Pleul/dpa

Berlin taz | Bundesjustizminister Volker Wissing, noch nicht lange im Amt, legt in puncto Mietrecht ein ordentliches Tempo vor. Zumindest, wenn man ihn mit seinem Vorgänger Marco Buschmann (FDP) vergleicht. Der hatte erfolgreich alle Mieterschutzverbesserungen blockiert, bis die Ampel zerbrach. Nicht so Wissing: Am Mittwoch beschloss die Bundesregierung im Kabinett einen von ihm vorgelegten Gesetzentwurf, der zahlreiche Mieterschutzmaßnahmen enthält.

Derzeit dürfen in angespannten Wohnungsmärkten Mieten, die noch unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, innerhalb von drei Jahren höchstens um 15 Prozent steigen. Diese sogenannte Kappungsgrenze soll nun auf 11 Prozent gesenkt werden, um den Mietenanstieg stärker zu begrenzen. Das wird insbesondere für Sozialwohnungen relevant, deren Bindung ausläuft.

Zudem sollen Gemeinden mit über 100.000 Ein­woh­ne­r*in­nen verpflichtet werden, eine qualifizierten Mietspiegel zu erstellen, um mehr Transparenz zu schaffen. Der Betrachtungszeitraum, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu bestimmen, soll von sechs auf sieben Jahre ausgeweitet werden. Je länger der Betrachtungszeitraum, desto mehr alte und damit meist günstigere Mietverträge zählen hinein – die Ausweitung soll einen preisdämpfenden Effekt haben.

Besserer Kündigungsschutz

Der Gesetzentwurf enthält zudem einen verbesserten Kündigungsschutz. Werden Mie­te­r*in­nen wegen Zahlungsverzug außerordentlich gekündigt, kann die Kündigung schon jetzt abgewendet werden, wenn die fehlenden Zahlungen innerhalb der gesetzlichen Schonfrist beglichen werden. Dies gilt allerdings nicht bei ordentlichen Kündigungen – dieser Umstand wird schon lange von Mieterschutzverbänden beklagt. Laut Gesetzentwurf soll nun die „Schonfrist, auf die ordentliche Kündigung übertragen“ werden. Dadurch könnte wohl ein Teil der Zwangsräumungen verhindert werden.

Daneben sollen Vermieter*innen, die möblierte Wohnungen anbieten, künftig verpflichtet werden, zu Mietbeginn den Möblierungsaufschlag separat auszuweisen. Damit können Mie­te­r*in­nen die ortsübliche Vergleichsmiete einfacher ermitteln – und somit besser überprüfen, ob die Mietpreisbremse eingehalten wird. Erst vergangene Woche hatte das Kabinett beschlossen, die Mietpreisbremse bis Ende 2029 verlängern zu wollen. Die 2015 eingeführte Mietpreisbremse gilt derzeit noch bis Ende 2025.

Doch beide Gesetzentwürfe haben einen großen Haken: Es ist eher unwahrscheinlich, dass diese Vorhaben noch vor der Neuwahl durch den Bundestag kommen. Denn die rot-grüne Übergangsregierung ist auf Stimmen aus der Opposition angewiesen. Die FDP wird die Vorhaben jedenfalls nicht durchwinken, die Union spielt auf Zeit und betont, für eine eventuelle Verlängerung der Mietpreisbremse bliebe auch noch nach der Neuwahl Zeit. Dem widerspricht der Mieterschutzbund: Bis eine Regierung stehe und ein neuer Gesetzentwurf vorliege, könne viel Zeit vergehen. Zudem müssen die Länder festlegen, welche Orte als angespannt gelten, auch das könne ein paar Monate in Anspruch nehmen.

Die Zukunft der Mietpreisbremse bleibt also ungewiss. Einen ersten Stimmungstest gibt es am Donnerstagabend: Da wird die Verlängerung der Mietpreisbremse in erster Lesung im Bundestag beraten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Immer mehr Auflagen für das Bauen selber, immer mehr Rechte für Mieter, Deckelung/Reduzierung der Mieten überhaupt, so kurbelt man die am Boden liegende Bauwirtschaft todsicher wieder an.

  • Milliardäre besteuern, Mieter besser schützen, bla bla bla.

    Ohne jede Wahrscheinlichkeit auf Umsetzung wird das Blaue vom Himmel versprochen.

    Olaf Scholz und Robert Habeck werden Bundeskanzler und alles wird gut.

    • @Jim Hawkins:

      Wäre doch hilfreich, dass auch Großerben, sehr fette Kater, ... auch mal wieder angemessener beitragen als derzeit. Das immer wieder beharrlich einzubringen, ist genau richtig und im Interesse der 95 %.

      Einigen wir uns darauf, dass man es auch umsetzen muss.



      Solange ADis, FDP, Union fest den Klassenkampf von oben führen und die Mehrheit im Parlament haben, wird das nur bedingt drin sein - da müssen wir schon wieder anders wählen. Demokratie schmerzt manchmal.

  • Das hätte alles viel früher kommen müssen. F*ck F*P, die haben sich wohl nur fürs Ausbremsen wählen lassen.

  • Lügen bis die Balken sich biegen



    Rot Grün hatte drei Jahre Zeit ihre Versprechen der letzten Wahl wahr zu machen, und schoben ihren Misserfolg einfach auf die FDP. Und ich soll glauben, dass sie es jetzt unter Merz schaffen?



    Es ist Wahlkampf, Zeit der Wahlgeschenke und Wahllügen.

    • @Hans Dampf:

      Rot-Grün allein wäre noch deutlich schlagkräftiger und progressiver unterwegs gewesen. Aufgestaut hatte sich ja einiges an Reformbedarf. Ganz klar. Schauen Sie auf Rot-Grün I als Idee.

      Dann müssen Menschen aber auch Rot und Grün ausreichend stark wählen (vielleicht eine Idee auch für Sie?), damit es eine Mehrheit gibt. Repräsentative Demokratie heißt ansonsten zuweilen das Aushalten anderer Mehrheiten.

  • Mieterschutz ist gut und richtig, keine Frage!



    Dennoch ist das nur die eine Seite der Medaille, denn ohne ein massives Bauprogramm mit dann sozialverträglichen Mieten fehlen eben diese notwendigen Millionen an Wohnungen.



    Umwidmung oder mehr Untervermietung etc. klingt zwar nett, dürfte jedoch nur minimalen Einfluß haben.