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KÜNSTLICHE BEFRUCHTUNG: VATER WIDER WILLEN MUSS TROTZDEM ZAHLENDie Angst vorm Samenklau

Welche Verantwortung trägt ein Mann für ein Kind, das er gezeugt hat, und für die Mutter dieses Kindes? Die Frage ist juristisch beantwortet worden: Er ist finanziell zuständig – auch dann, wenn die Mutter längst mit einem anderen schläft, auch dann, wenn die Frau ihm kurz vor der Liebesnacht erzählt hat, dass sie die Pille nimmt. Die Justiz ist mütterfreundlich bei der Unterhaltspflicht. Doch Rechtsprechung und praktizierte Gesellschaftsmoral klaffen auffällig weit auseinander.

Zehntausende von unterhaltssäumigen Männern fühlen sich weder ihrem Nachwuchs noch deren Müttern verpflichtet. Nicht wenige Männer kennen alle Tricks, mit denen man am besten das eigene Einkommen herunterrechnen kann, um „der Alten“ nichts zahlen zu müssen. Die Unterhaltspflicht schürt männliche Ängste, die Selbstbestimmung zu verlieren. Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs könnte diese Diskussion weiter anheizen. Nach dem Urteil ist ein geschiedener Ehemann selbst dann zum Unterhalt für seine Exfrau und das gemeinsame Kind verpflichtet, wenn sie durch künstliche Befruchtung zu einem Zeitpunkt von ihm schwanger wurde, als er das Kind schon gar nicht mehr wollte. Eine Technologie, die eine Empfängnis der unmittelbaren Kontrolle des Mannes entzieht, weil die eingefrorene befruchtete Eizelle „unbegrenzt haltbar“ ist, könnte somit zusätzliche Ängste erzeugen vor einem „Samenklau“, mit dem der Mann in eine Unterhaltspflicht gezwungen wird. Sind die Frauen durch die neue Technik jetzt allmächtig und die Männer ohne Einfluss?

Die verlassene Ehefrau hat ihren Kinderwunsch unabhängig vom Mann durchgesetzt – aber finanziell wurde sie genau dadurch von ihm abhängig. Der biologischen Macht der Frauen steht somit ihre ökonomische Ohnmacht gegenüber. Angesichts einer entwickelten Reproduktionsmedizin aber könnten sich die Gewichte verschieben. Vielleicht wiegt die biologische Macht der Frauen über Schwangerschaft und Geburt künftig noch viel mehr als das Geld der Männer. Genau das ist deren Angst. BARBARA DRIBBUSCH

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