KUNSTVERKAUF: Millionen für die Weserburg
Das Bremer Sammlermuseum Weserbug verkauft Bilder, um seinen Bestand zu sichern. Was für die Kulturstaatsrätin nur "einmalig" ist, stößt beim Museumsbund auf Kritik
Die Weserburg trennt sich von einem großen Teil ihres eigenen Werkbestandes. Mit dem Erlös - mehrere Millionen Euro - soll die notwendige Sanierung des Museums für moderne Kunst auf dem Teerhof oder aber ein in Rede stehender Umzug mitfinanziert werden. Zugleich konzentriert sich die Weserburg damit auf ihre Kernidee, ein Sammlermuseum zu sein. In den ersten Jahren hatte es unter Gründer Thomas Decke den Versuch gegeben, nicht nur SammlerInnen zu sammeln, sondern mittels eigener Käufe und Schenkungen auch mit ihnen zu konkurrieren.
Insgesamt geht es um 53 Werke, die der Weserburg 2004 von der Ludwig-Roselius-Stiftung überlassen wurden. Zwei davon werden jetzt versteigert: Die "Matrosen" von Gerhard Richter, ein großformatiges Werk, zugleich eine seiner zentralen Arbeiten aus den Sechzigern. Es kommt am 9. November beim Auktionshaus "Sotheby's" unter den Hammer, für einen Mindestpreis von sechs Millionen US-Dollar. Zum Vergleich: 2007 wurden für "Düsenjäger", eine ähnliche Arbeit Richters aus einer ähnlichen Schaffensperiode 7,7 Millionen Euro gezahlt, für "Zwei Liebespaare" von 1966 gab es sogar 9,8 Millionen Euro, damals jeweils Rekordsummen. Etwas später zum Verkauf steht "Luciano I" des Schweizer Franz Gertsch von 1975. Dessen Mindestgebot wird auf etwa eine halbe Million Euro beziffert.
Die übrigen 51 Arbeiten aus der Gegenwartskunst gehen an die benachbarte Kunsthalle - ein Transfer, für den die Karin und Uwe Hollweg-Stiftung einen nicht näher bezifferten siebenstelligen Betrag bezahlt. Nicht zum Verkauf steht neben der großen, in sich geschlossenen Sammlung des Studienzentrums für Künstlerpublikationen alle jenes, was laut Direktor Carsten Ahrens "in besonderer Beziehung" zur Weserburg steht.
Der Gesamterlös der Verkäufe fließt in einen "Zukunftsfonds" und steht - mit Ausnahme der Zinsen - dem operativen Geschäft nicht zur Verfügung. Er soll "langfristig den Bestand des Hauses sichern", so Ahrens. Der ist durch ein Defizit, sowie den Umstand gefährdet, dass die Elektrik sanierungsbedürftig ist und die klimatischen Bedingungen nicht mehr den Ansprüchen der Leihgeber entsprechen. Auch über einen Umzug wird diskutiert, Standortalternativen sollen bis zum 20. Geburtstag der Weserburg 2011 geprüft werden.
Der Verkauf, der "im Einvernehmen" mit der Roselius-Stiftung erfolgt sei, wird von ex-Staatsrat Reinhard Hoffmann, dem Vorsitzenden des Stiftungsrates der Weserburg, als "alternativlos" bezeichnet. Kultur-Staatsrätin Carmen Emigholz spricht von einem "ganz einmaligen bremischen Modell", das "nicht Schule machen" könne. Kritik kommt hingegen vom Präsidenten des Deutschen Museumsbundes Volker Rodekamp. Die Nachrichten aus Bremen erfüllten ihn mit großer Sorge. "Es kann nicht richtig sein, Kulturgut zu veräußern, um damit den Betrieb eines Museums zu gewährleisten." Zwar könne es sinnvoll sein Objekte abzugeben oder sogar zu verkaufen. Doch seien Sammlungen "kein Finanzpolster, auf das man in schlechten Zeiten zurückgreifen könne.
Gründer Thomas Deecke wollte sich nicht öffentlich äußern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku