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KULTURSTAATSMINISTER NAUMANN TRITT ERFOLGREICH ZURÜCKNeuer Minister, alte Probleme

Diesmal musste niemand den Minister zum Rücktritt drängen. Im Gegenteil: Es war Michael Naumann selbst, der dem Kanzler seinen Abgang aufdrängte – und zwar zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Denn Gerhard Schröder verliert das zweite Kabinettsmitglied innerhalb einer Woche. Wieder einmal bietet sich das Bild einer höchst ungeschickten Regie: Über seinen künftigen Arbeitgeber, den Holtzbrinck-Verlag, ließ Naumann den Wechsel schon verkünden, während die Regierung noch lau dementieren musste.

Schröder kann nur noch retten, was zu retten ist – und mit der Geste der Entschlossenheit den neuen Staatsminister für Kultur und Medien präsentieren: Julian Nida-Rümelin, den Kulturreferenten von München, der dort seit zwei Jahren im Amt ist. Auf ihn wartet in Berlin eine höchst undankbare Aufgabe. Der bundesweit agierende Staatsminister hat von Amts wegen wenig zu sagen (Kulturhoheit der Länder!) und verfügt nur über einen Etat von mageren 1,5 Milliarden Mark – nicht sehr viel mehr, als die Kultureinrichtungen Münchens aus Stadt- und Landeskasse erhalten.

Der Medienprofi Naumann hat es verstanden, seiner machtlosen Funktion die denkbar größte öffentliche Durchschlagskraft zu verleihen. Zeitweise war er im Blätterwald präsenter als sein Kabinettskollege Walter Riester, der über den hundertfachen Etat verfügt. Denn Naumann strebte etwas an, was nicht viel kostet – die Diskurshoheit. Zum Resonanzboden wurde die neue Hauptstadt Berlin. Als Wahlkampfjoker ausgespielt, sollte Naumann jenen intellektuellen Teil der „neuen Mitte“ ansprechen, den die SPD seit den Siebzigerjahren zusehends verloren hatte.

Aus Schröders Sicht hatte Naumann den wesentlichen Teil seiner Aufgabe schon erfüllt, als er sein Amt vor zwei Jahren antrat. Das Handwerkliche des politischen Alltags ermüdete dann nicht nur ihn selbst – wo Naumann hobelte, fielen oft genug auch Späne. So musste im Vorsitz des Kulturausschusses Elke Leonhard der blassen Monika Griefahn weichen, weil sie den Ambitionen des Staatsministers im Weg stand. Jetzt weicht Naumann. Sein Nachfolger muss das Amt nur noch öffentlichkeitswirksam verwalten. RALPH BOLLMANN

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