Justizreform in Polen: Brüssel verklagt Warschau
Die EU-Kommission ruft wegen eines polnischen Gesetzes zur Bestrafung von Richtern den Europäischen Gerichtshof an. Auch eine einstweilige Anordnung wird beantragt.
Der von Regierungsgegnern „Maulkorb-Gesetz“ genannte Rechtstext ist seit dem vergangenen Februar in Kraft. Er sieht vor, dass polnische Richter für Kritik an den bisherigen Justizreformen bestraft werden können. Die nationalkonservative Regierungspartei PiS gibt an, gegen Korruption vorzugehen. Die Opposition wirft der Regierung hingegen vor, Richter mundtot machen zu wollen.
Schon die Androhung von Disziplinarverfahren bedrohe die Unabhängigkeit der Richter, erklärte die Kommission. Zudem sei die „Unabhängigkeit und Unparteilichkeit“ der für die Disziplinarverfahren zuständigen Kammer des Obersten Gerichtshofs nicht gewährleistet, sagte Justizkommissar Didier Reynders. Weil diese wiederholt geäußerten Bedenken nicht ausgeräumt werden konnten, rufe die Kommission nun den EuGH in Luxemburg an.
Brüssel sieht laut Reynders zudem „die Gefahr eines ernsten und nicht wiedergutzumachenden Schadens für die Unabhängigkeit der Justiz in Polen und für die Rechtsordnung der Union“. Deshalb beantrage die Kommission in Luxemburg eine einstweilige Anordnung, um die Diszliplinarkammer davon abzuhalten Richtern die Immunität zu entziehen und bisherige derartige Entscheidungen rückgängig zu machen.
Über Kreuz
Die EU-Kommission liegt seit Jahren wegen verschiedener Änderungen im Justizwesen mit der rechtsgerichteten Regierung in Warschau über Kreuz. Brüssel wirft Warschau vor, die Unabhängigkeit der Justiz systematisch zu beschneiden und die Gewaltenteilung zu untergraben.
Bereits im April 2018 hatte der EuGH die Arbeit einer 2018 neu aufgestellten polnischen Disziplinarkammer für Richter bis auf Weiteres ausgesetzt. Das Urteil steht noch aus. Die Kommission droht Polen hier wegen mangelhafter Umsetzung der EuGH-Anordnung bereits mit einer weiteren Klage.
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