Justiz in Pakistan: Druck auf Präsident Zardari wächst
Die Aufhebung des Amnestiegesetzes kann zur Neuauflage von Verfahren gegen Zardari führen. Damit wäre der Präsident illegal im Amt. Er gilt als treuer US-Verbündeter.
BERLIN taz | Pakistans wichtigste Oppositionspartei hat Präsident Asif Ali Zardari zum Rücktritt aufgefordert. Zuvor hatte das Oberste Gericht am späten Mittwoch ein Amnestiegesetz annulliert, das Zardari sowie den Innen- und Verteidigungsminister und 8.000 weitere Personen vor Gerichtsverfahren schützte.
Zwar räumt die oppositionelle PML-N ein, dass Zardari als Präsident Immunität genießt. Doch fragt sie, mit welcher Berechtigung er dies Amt innehat, und verlangt seinen Rücktritt "aus moralischen Gründen". Laut Verfassung darf nur jemand Präsident sein, der ehrlich, integer und nicht vorbestraft ist.
Zardari, gegen den vor der 2007 verhängten Amnestie mehrere Verfahren anhängig waren, muss jetzt mit deren Neuauflage rechnen. Dann könnte seine Wahl verfassungswidrig gewesen sein. Er verbrachte unter verschiedenen Regierungen bereits elf Jahre in Haft, wurde jedoch nie rechtskräftig verurteilt. Der wegen der angeblich von ihm geforderten Kommissionszahlungen "Mister Zehnprozent" genannte Zardari hat die Verfahren stets als politisch motiviert bezeichnet.
Dies trifft mit Sicherheit auf die jetzt aufgehobene Amnestie zu. Sie war vom damaligen Militärmachthaber Pervez Musharraf erlassen worden, um die Rückkehr der früheren Premierministerin Benazir Bhutto und ihres Mannes Zardari nach Pakistan zu ermöglichen. Musharraf war 2007 in die Defensive geraten, als die Entlassung des Obersten Richters Iftikhar Chaudhry zu Protesten von Anwälten und Richtern geführt hatten.
Die US-Regierung, der sehr an innenpolitischer Stabilität bei ihrem wichtigsten Verbündeten im Krieg gegen den Terror gelegen ist, drängte Musharraf aus Legitimitätsgründen zu einer Machtteilung mit Bhuttos Volkspartei. Die Amnestie schützte Musharraf, den Bhutto-Clan wie auch andere Politiker bis in die Reihen der PML-N vor Strafverfolgung.
Bhutto wurde Ende 2007 ermordet, ihr Witwer Zardari im Februar 2008 aus Sympathie mit der Ermordeten zum Präsidenten gewählt. Im Amt zögerte er, den Obersten Richter Chaudhry wie im Wahlkampf versprochen wieder einzusetzen. Erst als der innenpolitische Druck zu groß wurde, gab Zardari nach. Chaudhry hob jetzt die Amnestie auf.
Seit Zardaris Amtsübernahme ist Pakistan noch tiefer im Terror versunken. Zardari ist auch deshalb zunehmend unbeliebt, weil er gegenüber den USA als zu nachgiebig gilt. Pakistans Medien haben jetzt die Annullierung der Amnestie weitgehend begrüßt.
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