Ex-Präsident in Georgien: Bis 2030 im Gefängnis
Georgiens Ex-Präsident Micheil Saakaschwili sitzt derzeit eine Haftstrafe ab. Jetzt wird er in einem weiteren Verfahren wegen Veruntreuung verurteilt.

Oppositionspolitiker sprechen von einem politischen Hintergrund. Die Veruntreuung von Staatsgeldern wurde unter anderem mit dem Kauf von sieben Jacken und einem Kaschmirmantel für den Präsidenten im Gesamtwert von 49.499 Lari (ca. 16.000 Euro) in Großbritannien begründet.
Neben dem Kauf von Kleidungsstücken wurden auch das Schulgeld für Saakaschwilis Sohn, Hotelkosten für Urlaubsaufenthalte im Ausland sowie Mietgelder für Autos, Jachten und Hubschrauber in verschiedenen Ländern als Veruntreuung öffentlicher Gelder gewertet, von denen sowohl Saakaschwili als auch andere Vertreter seiner damaligen Regierung profitierten.
Saakaschwili war einen Tag vor den Kommunalwahlen 2021 nach Georgien zurückgekehrt und umgehend nach seiner Einreise festgenommen worden. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits in zwei Verfahren verurteilt worden: 2005, weil er einen Abgeordneten verprügelt haben soll sowie 2008 wegen Machtmissbrauchs. Derzeit sitzt er eine sechsjährige Haftstrafe ab.
Schlechter Gesundheitszustand
Wegen seines schlechten Gesundheitszustandes nahm Saakaschwili am Donnerstag nicht an der Gerichtsverhandlung teil. Auf das Urteil reagierte der 57-Jährige mit einem Post bei Facebook. Darin äußerte er die Vermutung, dass Bidsina Iwanischwili ihn möglicherweise auch noch wegen des Krieges zwischen Georgien und Russland um die abtrünnige Region Südoessetien im August 2008 vor Gericht stellen lassen könnte. Der milliardenschwere Oligarch Iwanischwili ist der Gründer der Regierungspartei Georgischer Traum (KO) und gilt als heimlicher Strippenzieher in der georgischen Politik. Er unterhält enge Kontakte zu Moskau.
„Ich rufe die Internationale Gemeinschaft dazu auf, ihre Stimme gegen alle Ungerechtigkeiten in Georgien zu erheben. Dazu gehören zahlreiche Fälle von politischen Gefangenen und das harte Vorgehen gegen friedliche Demonstranten und oppositionelle Medien. Das Urteil gegen mich ist ein ungeheuerlicher Fall politischer Verfolgung durch einen russischen Oligarchen (gemeint ist der Georgier Iwanischwili, Anm. d. Red.), dem ich 2012 friedlich die Macht übergeben habe und der sich weigert, sie abzugeben“, so Saakaschwili. Er muss jetzt bis 2030 im Gefängnis bleiben. Das georgische Recht sieht vor, dass bei mehreren Verurteilungen die höhere Strafe die niedrigere „auffrisst“.
Am Donnerstag verkündete Richter Badri Kochlamaschwili im „Jackenfall“ nicht nur das Urteil gegen Saakaschwili, sondern auch gegen den Direktor des Spezialschutzdienstes, Teimuraz Janaschia. Die Ermittlungsbehörde warf ihm und Saakaschwili vor, sich gemeinsam an Straftaten beteiligt zu haben.
Beschimpfungen im Gerichtssaal
Der Richter stellte fest, dass Janaschia keine Veruntreuung von Geldern habe nachgewiesen werden können. Er habe jedoch sein Amt missbraucht und gegen das öffentliche Interesse gehandelt. Das Gericht verhängte gegen ihn eine Geldstrafe in Höhe von umgerechnet 100.000 Euro. Vor der Urteilsverkündung sagte er, er sei stolz, dem Staat und dem dritten Präsidenten Georgiens gedient zu haben.
Im Gerichtssaal waren bei der Urteilsverkündung Rufe wie „Sklave, Sklave“ zu hören. Diese Beschimpfungen sind, wenn es um die georgische Justiz geht, üblich. Dort ist seit Jahren die Rede von politischer Justiz. Dies gilt insbesondere für lokale und internationale Organisationen, die sich mit Rechtsfragen befassen.
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