: Justin J. in Freiheit
■ Suizidgefährdeter Südafrikaner vorerst von Abschiebung verschont
Justin J. ist frei. Die Ausländerbehörde hatte auf den Namen des 24jährigen für gestern Mittag einen Flug nach Südafrika gebucht, obwohl er in der Woche zuvor bei einem ersten Abschiebeversuch versucht hatte, sich das Leben zu nehmen (taz berichtete). Nachdem eine Freundin zufällig von dem Suizidversuch erfuhr, wurde für Justin J. am Wochenende noch eine Petition beim Eingabenausschuss der Bürgerschaft eingereicht. Die Ausländerbehörde wartet nun das Votum des „Gnadenausschusses“ ab.
Gegen die Abschiebepläne der Ausländerbehörde hatte auch die flüchtlingspolitische Sprecherin der GAL-Fraktion, Christa Goetsch, noch am Freitag bei der übergeordneten Innenbehörde interveniert. Zum einen, weil aufgrund seiner bekannten psychischen Instabilität auch weiterhin damit gerechnet werden muss, dass J. einen Suizid begeht – wenn nicht auf dem Flug, dann doch später in Südafrika.
Vor allem aber auch, weil am 9. Juli in einer Krisensitzung zwischen SPD und GAL das Vorgehen bei solchen Fällen abgesprochen worden war: Bei selbstmordgefährdeten Flüchtlingen soll die Ausländerbehörde ein amtsärztliches Gutachten über deren psychischen Zustand erstellen lassen. Daran hatte sich die Behörde im Fall von Justin J. nicht gehalten. Seit März saß er in Abschiebehaft, einen Arzt hatte er seither nicht zu Gesicht bekommen.
Erst gestern Vormittag, wenige Stunden vor dem geplanten Flug nach Südafrika, schickte die Ausländerbehörde einen leitenden Arzt der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses Ochsenzoll zu Justin J. Der erklärte den Südafrikaner für reisefähig und gab damit grünes Licht für dessen Ausreise. Erst die Petition stoppte seinen Flug. Justin J. wurde aus der Abschiebehaft entlassen.
„Nun muß erwogen werden, ihn noch einmal gründlich von einem Amtsarzt untersuchen zu lassen“, sagte gestern ein Sprecher der Ausländerbehörde, Peter Keller. „Unser weiteres Vorgehen werden wir mit dem Eingabenausschuss absprechen.“ Dessen Mitglied Mahmut Erdem (GAL) hatte bereits am Wochenende angekündigt, auf einer amtsärztlichen Untersuchung unter Berücksichtigung der bisherigen Krankenakte zu bestehen.
Elke Spanner
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