Juristin erhält Bundesverdienstkreuz: Kämpfend für die „Dritte Option“
Beharrlich setzt die Juristin Konstanze Plett sich für die Rechte intergeschlechtlich Geborener ein. Dafür erhält sie nun das Bundesverdienstkreuz.
Ob sie diese Auszeichnung überhaupt annehmen wolle, das habe sie als gebürtige Hamburgerin und seit Langem in Bremen lebende und lehrende Juraprofessorin erst abwägen müssen: Hanseat*innen reagieren für gewöhnlich zurückhaltend auf Orden hauptstädtischer Provenienz. Letztlich hat sich Konstanze Plett sehr gefreut über das Bundesverdienstkreuz am Bande, das ihr vorigen Freitag im Bildungs- und Wissenschaftsministerium aus der Hand von Anja Karliczek (CDU) ausgehändigt wurde. Was für eine schöne Pointe – ausgerechnet aus der Hand jener Politikerin, die sich öfters schon durch rohe und taktlose Äußerungen zu Fragen sexueller und sexualidentitärer Diversität öffentlich bemerkbar gemacht hat.
Plett ist rechtswissenschaftlicherseits die engagierteste und in gewisser Weise furchtloseste Person im Kampf für die Menschenrechte Intersexueller gewesen, auch nach ihrer Emeritierung noch. Die 1947 geborene Juristin hat maßgeblich an der Verfassungsbeschwerde für eine sogenannte Dritte Option im Personenstandsrecht mitgewirkt: dass es nicht nur Männer und Frauen gibt, sondern auch jene, die geschlechtskategorisch als „divers“ geführt werden. Was sich in einem kleinen Wort kondensiert, hieß für Betroffene früher meist nur Leiden, körperlich und seelisch – körperlich verstümmelt zu werden, um dann doch der klassischen Ordnung „männlich/weiblich“ zu genügen, meist mit chirurgischer Hilfe.
Plett selbst hatte mit mehr Widerstand gerechnet, die Binarität der Geschlechtszuordnung nun endlich aufzuweichen – und das in der heteronormativen Welt der Bundesrepublik. Dem juristischen Anspruch auf menschenrechtliche Ansprüche nicht ins Frau-Mann-Schema passender und passen wollender Personen ist das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 2017 gefolgt.
Ohnehin schon immer an Gender-Studies-Fragen interessiert, war der Kontakt zu intersexuellen Menschen fundamental wichtig für das Engagement der Juristin: Bei der Ordensaushändigung betonte sie, dankbar zu sein, „dass intergeschlechtlich Geborene mir Vertrauen geschenkt haben, sie mir ihre Diskriminierungserfahrungen mitgeteilt haben, so dass ich meine juristischen Überlegungen nicht in einem Vakuum anstellen musste“. Die ihr zuerkannte Auszeichnung sei Resultat einer „Geschichte einer Zusammenarbeit vieler“. Die Wertschätzung gebühre „also allen, die sich auf den langen Weg gemacht haben, für die Anerkennung ihrer Grund- und Menschenrechte zu kämpfen und dabei auch Rückschläge in Kauf zu nehmen“.
Das betont sie so sympathisch wie zutreffend: Durch den wachen Kontakt zu Betroffenen wurde sie auf diesem juristischen Feld zur Kapazität schlechthin: Ihr Wort, ihre Schriften haben bis in höchste Instanzen Gewicht. Die 71-Jährige ist frei von Dünkel, von freundlich-robuster Art. Sie pocht auf das rechtssystematisch Naheliegende – und zwar nicht als Selbstzweck des Juristischen, sondern im Sinne der Menschen, die schließlich dem Recht unterworfen sind.
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