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■ Deutschlandtag des CDU-Nachwuchses in GörlitzJunge Wilde gezähmt

Da haben sie eine große Chance, sich zu profilieren, und sie nutzen sie nicht. Der Parteinachwuchs der CDU hat auf seinem Deutschlandtag in Görlitz gezeigt, daß er sich von den Fesseln der Parteioberen nicht frei machen kann.

Es ist noch nicht lange her, daß der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Klaus Escher, mit dem sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf gemeinsame Sache machte und eine aus Steuermitteln finanzierte Grundrente propagierte. Die Mehrheit der Jungen Union stand hinter ihm. Das glaubte bis gestern selbst der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber. „Im Gegensatz zu der Mehrheit von ihnen bin ich gegen eine Grundrente“, sagte er vor den Delegierten. Stoiber hatte nicht mitbekommen, daß die Junge Union am Tag zuvor Abstand von der Grundrente genommen hatte.

Escher und seine Getreuen hatten kalte Füße bekommen, weil klar war, daß Kohl die Grundrente auf keinen Fall will. So begnügen sie sich mit einem Spagat: ein bißchen beitragsfinanzierte Rente, ein bißchen Eigenvorsorge. Kämpferisch zeigt sich Escher nur, wenn es gegen Norbert Blüm geht, der in der Union noch für ein bißchen soziales Gewissen steht. Dem Arbeitsminister, der das Rentensystem erhalten will, wirft Escher Verrat an der jungen Generation vor. Gleichzeitig beruft er sich anbiederisch auf Kohl und Schäuble und zeigt, daß er nur auf das vermeintlich schwächste Glied der Kette einprügeln kann.

Entschuldigend heißt es: Wenn wir Maximalforderungen aufstellen, verschrecken wir nur und stehen am Ende mit leeren Händen da. Mit maßvollen Forderungen kommen wir besser zum Ziel. Das hatte auch die Junge Gruppe der CDU-Abgeordneten gedacht, die noch vor dem Hannoveraner Parteitag ihren Antrag, das Staatsangehörigkeitsrecht zu ändern und die Einbürgerung zu erleichtern, durchsetzen wollte. Stark und provokativ hatten sie begonnen, um dann aus taktischen Gründen vor dem Parteitag auf Streit zu verzichten. Inzwischen stehen sie so gut wie mit leeren Händen da. Wenn die Jungen den Streit nicht wagen – wer dann? Markus Franz

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