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Jung sein und Konsument sein

Rund 20 Millionen under thirties leben in Deutschland, von denen allein schon die 12- bis 21jährigen über ein Konsumpotential von etwa 30 Milliarden Mark pro Jahr verfügen. Doch die Zeiten, in denen die Industrie Jugendliche noch mit einem coolen Spruch ködern konnte, sind passé. Will man jedoch nicht nur Alten ein junges Image verkaufen, sondern Junge selbst erreichen, muß man differenzierter daherkommen.

PromoterInnen jugendorientierter Mode, Musik und anderer Konsumartikel der neunziger Jahre müssen schneller und flexibler agieren, in kürzester Zeit hochspezialisiertes Wissen sammeln und verarbeiten. Zwischen in und out, der Entdeckung eines Trends in einem angesagten Insider-Zirkel und der Massenproduktion, liegen bestenfalls wenige Monate. Jugendszenen sprießen heute schneller aus dem Boden, als Forscher und Sammler sie einsammeln und katalogisieren können. Das ist die große Stunde der „Trendscouts“, wie sie die Münchener Agentur Häberlein & Mauerer benannte: Angehörige einer Szene, die gegen ein Entgelt Monat für Monat ihrer Firma akribisch über neue Moden und Konsumgewohnheiten vor Ort berichten, bevor das Publikum selbst diese Neuerung bewußt wahrgenommen hat.

Die Beobachtung der Zielgruppe ist nur ein Teil ihres Auftrags. Denn längst hat die Industrie erkannt, daß klassische Produktwerbung nicht mehr ausreicht. Auf dem Weg zum Kultobjekt müssen Marken vor allem Sinn und Spaß stiften. So treten heute Jeansschneider, Spirituosenproduzenten und vor allem Rauchwarenhändler, denen klassische Werbung aus Jugendschutzgründen weitgehend versagt bleibt, als Veranstalter von Partys und Sportwettbewerben auf. Mindestens 20.000 Freelancer stehen derzeit auf den Lohnlisten der PR- und Marketingagenturen: Gastwirte und DJs, Streetwear-Verkäufer und Meister-Skater.

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