Julian Assange bleibt in Haft: Er muss freikommen
Der Wikileaks-Gründer ist ein Aufklärer – dennoch lehnt die britische Justiz seine Freilassung ab. Das untergräbt die Pressefreiheit und das Ansehen des Westens.
E s waren erschütternde Szenen, gefilmt aus einem über Bagdad kreisenden US-Militärhubschrauber: Die Besatzung erschießt gezielt eine Gruppe von unbewaffneten Männern. Unter den Toten sind auch zwei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters, die beruflich unterwegs waren. Es ist Wikileaks und dem Gründer Julian Assange zu verdanken, dass dieses und andere Kriegsverbrechen des US-Militärs 2010 ans Licht kamen.
Doch im Hochsicherheitsgefängnis sitzen heute nicht die Mörder, sondern der Aufklärer – ein Skandal, der andauert. Denn obwohl die britische Justiz dem Auslieferungsgesuch der USA nicht stattgegeben hat, behandelt sie Assange weiterhin wie einen Schwerverbrecher. Der Antrag auf Freilassung gegen Kaution wurde abgelehnt, Assange bleibt in Haft. Damit ist der Whistleblower seit 2012, seit seiner Flucht in die ecuadorianische Botschaft, in London faktisch in Arrest – davon eineinhalb Jahre im Hochsicherheitsgefängnis. Er ist psychisch am Ende. Das musste selbst die Richterin in London einsehen, die die Auslieferung ablehnte.
Mit der Ablehnung des Kautionsgesuchs macht sich Großbritannien weiter zum willigen Komplizen der USA. Für die USA ist Assange kein Journalist, sondern ein Spion, der geheime Dokumente veröffentlicht hat. Folgt man dieser Logik, ist eine Verfolgung allzu investigativer Journalist:innen überall auf der Welt legitim. Jede Diktatur kann sich bereits jetzt auf den Fall Assange berufen. Das Regime im Iran hat erst kurz vor Weihnachten den Blogger Ruhollah Sam gehängt, weil er über Proteste berichtet hatte. Die Parallelen sind offensichtlich. Auch die USA wollen Assange für immer mundtot machen, weil seine Berichterstattung ihren Interessen zuwiderlief.
Es gibt nur einen Weg, um die Pressefreiheit und das Ansehen des Westens, der für freiheitliche Werte stehen will, nicht weiter zu untergraben: Assange muss freikommen, die Anklagen gegen ihn fallen gelassen werden. Es geht um die Würde eines Menschen, aber auch um den Wert der Demokratie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“