Jürgen Vogt über die Staatskrise in Venezuela: Machtgierige Führungsclique
Venezuelas regierende Chavisten haben das demokratische System abgeschafft. Vier Jahre nach Hugo Chávez’ Tod ist der von ihm proklamierte Sozialismus des 21. Jahrhunderts unter seinen NachfolgerInnen zum Totalitarismus verkommen. Man muss nicht mit der rechten Opposition sympathisieren, um zu erkennen, dass unter dem Deckmantel einer verfassunggebenden Versammlung ein willfähriges Einheitsparlament an die oberste Spitze des Staates gesetzt wurde.
Präsident Nicolás Maduro ist kein Diktator, sondern Teil einer Führungsclique, die sich auf Biegen und Brechen an der Macht halten will und zu deren Gesichtern seit Freitag die ehemalige Außenministerin Delcy Rodríguez als Präsidentin der verfassunggebenden Versammlung gehört. Kaum im Amt, bezeichnete sie die politischen Gegner als „gewalttätige Faschisten“.
Schon lange gleicht die Versorgungslage mit Lebensmitteln und Medikamenten in Venezuela einer humanitären Katastrophe. Doch statt ausreichend Devisen für die nötigen Lebensmittel- und Medikamentenimporte bereitzustellen, unternimmt die Regierung alles, um ihre Auslandsschulden zu bedienen und nicht als zahlungsunfähig eingestuft zu werden. Es sollte international darüber nachgedacht werden, intelligente Wirtschaftssanktionen zu verhängen, die die Regierung zu einer Änderung ihrer Prioritäten zwingen.
Dass die USA dem südlichen Nachbarn einfach den Hahn zudrehen, wäre wenig hilfreich, ist aber auch nicht zu erwarten. Allerdings nicht aus humanitären, sondern aus geopolitischen Gründen: Mit Russland und China hat Venezuelas Führungsclique zwei mächtige Verbündete. Die sind jedoch mehr an den Öllieferungen, den Tilgungen ihrer Kredite und der zukünftigen Ausbeutung der immensen Lagerstätten von Rohstoffen interessiert als an demokratischer Ordnung und einer ausreichenden Versorgung der Menschen in Venezuela.
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