Jürgen Klopp verdaut Dortmunds Niederlagen: "Fühlt sich scheiße an"
Jürgen Klopp findet das 1:4 von Hoffenheim scheiße, jedoch nicht überraschend. Jetzt gehe es darum, sich zurückzukämpfen.
DORTMUND taz Eine dreiviertel Stunde mussten die wenigen Trainingsbesucher gestern im Nieselregen warten, bis die Spieler von Borussia Dortmund aus dem Besprechungsraum auf den Platz kamen. Als Letzter trottete Trainer Jürgen Klopp auf den Rasen. "Morgen, Chef! Alles im Griff?", begrüßte ihn ein Rentner, der sich nach der 1:4-Niederlage bei der TSG Hoffenheim am Abend zuvor Sorgen um seinen Verein macht.
Damit war die Kernfrage schon lange gestellt, bevor Klopp die Einheit beendet hatte und die Journalisten mit einem Scherz begrüßte: "Schön, dass ihr trotzdem gekommen seid." Dabei hatte er wieder sein Am-Tag-danach-Lächeln aufgesetzt, das zum zweiten Mal innerhalb von knapp 70 Stunden zu beobachten war.
Am Freitag relativierte er damit seine zunächst harsche Kritik an der Mannschaft nach dem 0:2 gegen Udinese Calcio im Uefa-Cup. Gestern, eine Nacht nach dem blutleeren Bundesliga-Auftritt beim Aufsteiger, sollte die Demonstration der guten Laune unterstreichen, dass sich der freundliche Rentner und andere BVB-Fans grundlos Sorgen machen: "Ich gehe mal davon aus, dass wir noch ganz weit von einer Krise weg sind."
In diese Annahme ist allerdings ein Sieg in der zweiten Runde des DFB-Pokals einbezogen. Morgen tritt Hertha BSC Berlin bei der Borussia an, die in der vergangenen Saison bis ins Finale gegen Bayern München gekommen war und sich dadurch einen Platz im Uefa-Cup gesichert hatte.
Die lange Besprechung vor dem Training habe sich wesentlich von der Aussprache nach dem Udine-Spiel unterschieden, sagte Klopp. Etwas Konkretes wollte er nicht preisgeben. Er bat sogar die versammelten Journalisten, auf Rückfragen bei den Spielern zu verzichten: "Lasst sie in Ruhe, damit wir werden können, was wir werden wollen, nämlich eine besondere Mannschaft."
Große Worte waren das nach einem abermals peinlichen Auftritt, der eine noch viel längere Besprechung gerechtfertigt hätte. Gestern handelte es sich aber wohl weniger um eine Fehleranalyse als um die Beschwörung einer veränderten Arbeitsweise. "Man hätte am liebsten, dass es mit einem Fingerschnipp wieder läuft. Aber das geht nicht. Es gilt jetzt, sich in die Spur zurückzukämpfen", sagte Klopp.
Der Trainer stellte sich bedingungslos hinter eine Mannschaft, die zum zweiten Mal in vier Tagen was "richtig vor die Fresse gekriegt" hatte, wie Manager Michael Zorc sagte. Klopp sprach von Rückschlägen, die sich "zwar scheiße anfühlen", ihn aber "nicht überrascht" hätten. Er rückte Dinge in den Bereich der Normalität, die anderen außergewöhnlich erschienen. Etwa, dass die gleichen taktischen Fehler im Defensivverhalten gemacht wurden wie gegen Udine.
Dass Spieler wie Giovanni Federico oder Nuri Sahin, in den Wochen zuvor teilweise nur auf der Tribüne, in die Startelf rückten und Kapitän Sebastian Kehl auf die Bank musste - für Klopp nicht der Rede wert. Dass Federico, Sahin oder Stürmer Diego Klimowicz ihre Chance nicht ergriffen und leidenschaftslos über den Rasen des Mannheimer Carl-Benz-Stadions schlichen - für Klopp kein Grund zur (öffentlichen) Kritik. Etwas kryptisch sagte er, die Spiele gegen Udine und Hoffenheim hätten "die unterschiedliche Entwicklung" der Spieler gezeigt. Er wisse jetzt besser, wie "die Schere auseinandergeht".
Der Trainer mühte sich, aus der gewichenen Euphorie in Dortmund, die seiner Verpflichtung und einem Saisonstart mit acht Punkten aus vier Spielen geschuldet war, keine Depression werden zu lassen. "Wir werden unseren Weg weiter gehen, korrigiert um die Ereignisse der letzten beiden Spiele", sagte Klopp. Das sollte wohl bedeuten: Alles im Griff!
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