Jürgen Gottschlich über kurdische Autonomieforderungen: In die PKK-Falle getappt
Autonomie für die Kurden in der Türkei? Dagegen spricht prinzipiell nichts. Allerdings geht es in dem Konflikt im Moment gar nicht ums Prinzip. Sondern um Forderungen, die dazu beitragen, den gegenwärtigen verheerenden Krieg zwischen dem türkischen Staat und den militanten Kurden zu beenden. Zum aktuellen Zeitpunkt ist die jetzt auch von der kurdisch-linken Parlamentspartei HDP unterstützte Forderung nach Autonomie kontraproduktiv. Denn sie zielt nicht auf Deeskalation, sondern ist eine Maximalforderung, die nur als Rechtfertigung für den bewaffneten Kampf der PKK dienen kann.
Bislang hatte die HDP (Halkların Demokratik Partisi, deutsch: „Demokratische Partei der Völker“) eine Politik formuliert, die auch für progressive türkische Bürger nachvollziehbar und wählbar war und mit der sie es deshalb zweimal schaffte, die undemokratische Zehnprozenthürde zu überspringen und ins Parlament zu kommen. Unter dem Druck der Militäroffensive der türkischen Armee revidiert die HDP jetzt ihre Politik. Sie gibt ihre eigenständige politische Position auf und lässt sich wie frühere kurdische politische Parteien wieder auf die Linie der PKK zwingen.
Angesichts der aktuellen Gewalt in den kurdischen Gebieten ist es sicher schwierig, sich einerseits mit den Opfern zu identifizieren, aber gleichzeitig festzuhalten, dass die Toten nicht nur Opfer der Armee und der Polizei, sondern auch Opfer der PKK-Strategie sind. Es ist das eine, die brutale Gewalt der Armee in den kurdischen Gebieten zu kritisieren. Aber wer jetzt Autonomie fordert, stellt sich eindeutig hinter die Gewalt der PKK.
Wohin soll das führen? Anders als der Irak oder Syrien ist die Türkei ein intakter Zentralstaat mit einer völlig funktionsfähigen Armee. Es wird dort keine militärisch erkämpfte Autonomie für die Kurden geben. Sondern nur eine Verlängerung der Kämpfe, die es immer schwieriger machen, zu Friedensgesprächen zurückzukehren.
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