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Jüngste Abgeordnete in der KnessetAus dem Mieterprotest ins Parlament

Stav Shaffir war dabei als die israelischen Zeltstädte gegründet wurden, nun ist sie für die Arbeiterpartei im Parlament. Dort will sie ihren Kampf fortsetzen.

„Der Protest ist lebendig“: Shaffir über die Mieterproteste. Bild: reuters

JERUSALEM taz | Sie ist die jüngste der 120 Abgeordneten in der Knesset, dem israelischen Parlament. Am Dienstagnachmittag legte Stav Shaffir ihren Amtseid ab. Die 27-Jährige mit den auffallend langen roten Haaren zieht im Auftrag der Arbeitspartei in die Knesset, wo sie fortsetzen will, was im Sommer 2011 begann: den Kampf um soziale Gerechtigkeit.

Shaffir, Tochter zweier Buchhalter aus der Kleinstadt Netanja, war sofort dabei, als Dafni Lief via Facebook zum Protest gegen den Mietwucher mobilmachte. Die Journalistin, die in London studierte, schrieb damals in einem Stadtmagazin eine Kolumne über die Wohnungsnot. Gemeinsam mit Lief errichtete sie die ersten Zelte auf dem Tel Aviver Rothschild Boulevard. Zigtausende Menschen folgten dem Beispiel der beiden Frauen und ließen überall neue Zeltstädte entstehen, um ihrer Frustration über die hohen Lebenshaltungskosten Luft zu machen.

Im September 2011 beteiligten sich über 400.000 Menschen an landesweiten Demonstrationen. Regierungschef Benjamin Netanjahu versprach staatliche Subventionen und sozialen Wohnungsbau. Große Folgen hatte das nicht, trotzdem ging der Bewegung langsam die Luft aus. Shaffir und Lief tingelten weiter durchs Land, schafften es aber nicht mehr, die Massen zu mobilisieren. Als sich am Jahrestag der Sozialbewegung ein Mann in Brand steckte und kurz danach starb, schienen die Proteste am Ende zu sein.

Die Aktivisten diskutierten lange darüber, ob der Weg in die Politik der richtige sei. „Der Protest ist lebendig“, meint Shaffir, nur die Massendemonstrationen seien eben zu Ende. Deshalb müsse der Kampf „in die politische Arena verlegt werden“. Neben Shaffir sitzt Yizik Schmuli in der Knesset, ehemals Studentenführer, der ebenfalls für die Arbeitspartei antrat, während Lief den Kampf auf der Straße fortsetzt. „Dies ist unsere Zeit“, so Shaffirs Motto.

Sie und Schmuli haben sich hohe Ziele gesteckt, sie wollen Monopole knacken, fordern kleinere Schulklassen und eine bessere, kostengünstigere Gesundheitsversorgung. Bei dem massiv steigenden Haushaltsdefizit stehen die Zeichen nicht gerade günstig, hinzu kommt, dass die Arbeitspartei sicher in der Opposition bleiben wird. Doch immerhin hat Shaffir mit ihrem Abgeordnetengehalt nun die Möglichkeit, aus ihrer Wohngemeinschaft auszuziehen und sich eine eigene Wohnung zu suchen.

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10 Kommentare

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  • RD
    Rainer David W. Früh

    Die Knesset ist ein Parlament, so wie der Bundestag und so, wie man es dort, wo Araber, die Sie spaßeshalber "Palästnenser" nennen, nicht kennt, Volksgenosse Hofmann!

    Dafür gibt es Behandlungszenten, wie diese. Das mögen Sue doch eher, oder, Volksgenosse Hofmann?

    http://www.thecommentator.com/article/2657/hamas_s_hitler_youth_style_movement_prepares_for_jihad?fb_action_ids=606903682668377&fb_action_types=og.recommends&fb_ref=.URPqRZnomaA.like&fb_source=other_multiline&action_object_map=%5B112780212236036%5D&action_type_map=%5B%22og.recommends%22%5D&action_ref_map=%5B%22.URPqRZnomaA.like%22%5D

  • S
    Senckbley

    End_the_operetta: "Währenddessen demoliert der jüdische Staat palästinensische Häuser."

     

    Bestimmt haben Sie auch schon von den geschätzten 5.000 palästinensischen Opfern im Camp Yarmouk in Damaskus gehört (Assad-Anhänger der PFLP-GC und Parteigänger der Hamas schlagen sich dort zur Zeit gegenseitig die Köppe ein). Aber das ist natürlich für Sie nicht der Rede wert, genausowenig wie die Apartheid in den arabischen Ländern gegenüber den palästinensischen Flüchtlingen in den Lagern - seit über 60 Jahren!

  • MH
    Marco Hoffmann

    P.S.

     

    "

    Das Behandlungszentrum für Folteropfer in Ramallah legt neben der Traumatherapie besonderen Wert auf Bewußtseinsbildung in Menschenrechten, Demokratie und Friedenschaffen als Grundlage für eine tolerante, friedlichen Gesellschaft im zukünftigen palästinensischen Staat.

    "

    http://www.einewelthaus.de/events/die-situation-der-kinderrechte-in-palastina-hauserzerstoungen/

     

    Welche Bemühungen zur "Bewußtseinsbildung in Menschenrechten, Demokratie und Friedenschaffen" werden zur Zeit in der Knesset verzeichnet (außer durch MK haneen zoabi)?

  • E
    end.the.occupation

    Währenddessen demoliert der jüdische Staat palästinensische Häuser. Gestern in Beit Hanina - im besetzen Jerusalem - der 'ewigen Haupstadt' des jüdischen Staates.

     

    google: Beit Hanina House demolition

     

    Aber das ist natürlich kein Thema in der taz, einem der vielen Medienakteure deren Ziel darin besteht die Bekämpfung des Faschismus durch die Anbetung Israels zu ersetzen - Hand in Hand mit den militaristischen und rassistischen Eliten Deutschlands natürlich.

  • I
    I.Q

    Und wie soll man diese Frau nun einschätzen können Frau Knaul?

     

    Soweit dieser Kolonialstaat nicht von anderen Mächten ausgehalten wird, bleibt sicher auch die Möglichkeit, sich mit der Bereicherung Weniger zu Lasten der Vielen in der Einwanderungsgesellschaft zu befassen,

    wenn Geldmittel für eine sozialere Gesellschaft aufgebracht werden sollen.

     

    Doch was nützt dies, wenn dies nicht den Umstand wett machen kann, dass die Unterdrückung der Palästinenser, die Dominanz gegenüber den Nachbarstaaten und die fortschreitende Annexion finanziert werden müssen.

     

    Ist Frau Schaffir, wenn sie diese Grundübel anpacken wollte, dazu in der richtigen Partei?

     

    Und überhaupt, sie hätte in London bleiben können, denn auch ihr muss bekannt sein, wie die wahren Besitzverhältnisse in diesem Teil Palästinas aussehen – ein Großteil des Grund und Bodens gehört Palästinensern, denen man diesen Besitz weiterhin vorenthält.

     

    Eine moralische Frage, der sich auch Frau Schaffir zu stellen hätte.

     

    Wie also steht sie zu solchen grundlegenden Fragen und die Partei, der sie nun angehört ?

  • MH
    Marco Hoffmann

    "



    weniger Rassismus



    "



    ( 06. 02. 2013 12: 53 UHR von Thomas H)

    "



    " Israels Siedlungspolitik sei daher ein Fall für den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag, heißt es in einer am Donnerstag vom UN-Menschenrechtsrat veröffentlichten Mitteilung zu dem Expertenbericht. Seit Jahren mache sich Israel einer "systematischen und alltäglichen Diskriminierung des palästinensischen Volkes" schuldig. " http: / / www. abendblatt. de/ politik/ ausla nd / art i c l e1 13 27 129 4/ Is rae l -verletzt- Menschenrechte- der- Palaest i ne n s er . ht ml



    "



    http://www.taz.de/!c110127/

    http://en.wikipedi...return_controversy

    "



    Despite Israel's ratification of the ICCPR and its guarantee to protect all of its citizens against discrimination, Palestinian Arab citizens in Israel are discriminated against in a variety of forms and denied equal individual rights because of their national belonging .



    "



    http://www.arabhra...ondaryArticle=1499

    "



    Der Vorstand der Jüdischen Gemeinde, Ruben Herzberg, sagte: "Alle Dokumente, die der Vorstand gesehen hat, belegen, dass die Familie Wankum evangelische oder lutherische Wurzeln hat. " Er betonte zudem, dass Herr Wankum den Beleg für sein Jüdischsein zu erbringen habe, dem aber jahrelang nicht nachgekommen sei. "Hier schleicht sich jemand in eine Familie, zu der er nicht gehört" , sagte der Vorsitzende.



    "



    http://www.welt.de...t-Ex-Chef-aus.html

    "



    Two Palestinian boys have been killed after Israeli tank shells hit a UN-run school in Gaza

    [...]

    In Jabaliya refugee camp, Dr Ezzedine Abu al-Aish, a Palestinian doctor from al-Shif a hospital, lost his three daughters and one niece during an Israeli air attack as he was being interviewed on an Israeli television channel.



    "



    http://www.aljazee...1177657498163.html

  • TH
    Thomas H

    @end.the.occupation:

     

    Wenn der demokratische Multikulti-Staat Israel rassistisch und kolonialistisch ist, wie Sie behaupten, dann müssen alle anderen demokratischen Staaten mit ihren offenen und multikulturellen Gesellschaften und ihren antirassistischen Gesetzen logischerweise auch rassistisch und kolonialistisch sein.

     

    Innerhalb Israels gibt es jedoch deutlich weniger Rassismus, als z.B. in Deutschland, Frankreich, Griechenland oder Ungarn.

     

    Selbst der noch verbreitete Judenhass unter den in Israel lebenden Arabern ist erfreulicherweise deutlich rückläufig.

     

    Wie das "brüderliche Zusammenleben" zwischen Männern und Frauen unterschiedlicher ethnischer und religiöser Identitäten in arabischen Gesellschaften so aussieht, können Sie derzeit recht anschaulich in Syrien, Ägypten oder Libanon studieren.

  • S
    Senckbley

    Viel interessanter ist, dass die fast gleich alte bzw. junge Tzipi Hotovely wieder in die Knesset gewählt wurde, wo sie sich weiter für Judäa und Samaria engagiert und für die Rechte der Frauen.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    War das nicht die Mitorganisatorin der Proteste, die ein "Stipendium" in der doppelten Höhe eines Studenten hatte? NGO-Arbeit in Israel ist finanziell meist gut abgefedert.

  • E
    end.the.occupation

    >> Stav Shaffir war dabei als die israelischen Zeltstädte gegründet wurden

     

    Zur Zeit werden - nicht dass das in der taz interessiert - Zeltstädte der Palästinenser bei Nablus abgerissen - Protest gegen die Nicht-Zeltstädte - aka Siedlungen - die der jüdische Staat auf deren Grund baut.

     

    Und auch der rothaarigen Stav Shaffir, die in England gelebt hat, geht das am Allerwertesten vorbei, weil das Band des Rassismus und Kolonialismus die jüdische Siedlergesellschaft eint - alle Israelis, von 'links' bis nach ganz weit rechts aussen.