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Jüdischer Friedhof in PhiladelphiaHunderte Gräber geschändet

Zerschlagene und umgeworfene Grabsteine auf einem jüdischen Friedhof: Die Polizei in der US-Stadt Philadelphia ermittelt wegen der Tat.

Mehr als 100 Grabsteine wurden in Philadelphia beschädigt Foto: ap

Philadelphia dpa | Nach der Schändung eines jüdischen Friedhofs in der US-Metropole Philadelphia ist eine Belohnung zur Ergreifung der Täter ausgesetzt worden. Unbekannte hatten auf dem Mount Carmel Friedhof 460 Grabsteine zerschlagen oder umgestürzt, berichtete der Sender NBC Philadelphia am Sonntag (Ortszeit) unter Berufung auf einen Rabbiner, der den Schaden begutachtet hatte. Die Polizei in der US-Ostküstenstadt sprach von mehr als 100 umgestoßenen Grabsteinen.

„Das ist keine zufällige Tat“, sagte Rabbi Shawn Zevit. Um viele Grabsteine umzuwerfen, brauche es Absicht und ein gemeinsames Vorgehen mehrerer Täter. Mehrere Organisationen, darunter die Anti-Defamation League, die sich gegen Antisemitismus einsetzt, versprachen eine Belohnung von insgesamt 13.000 Dollar für Hinweise auf die Täter.

„Das ist kriminell, das ist schon mehr als Vandalismus“, sagte der Polizist Shawn Thrush dem „Inquirer“. „Es ist unfassbar.“ Ein Friedhofsbesucher hatte die Polizei am Sonntagmorgen über die Zerstörung vieler Grabsteine am Mount Carmel Friedhof informiert. Über die Hintergründe der Tat lagen vorerst keine gesicherten Erkenntnisse vor. Die Polizei geht davon aus, dass der Friedhof in der Nacht von Samstag auf Sonntag geschändet wurde.

Pennsylvanias Gouverneur Tom Wolf nannte die Tat einen „feigen, beunruhigenden Akt“. Die Verantwortlichen müssten gefasst und zur Rechenschaft gezogen werden, twitterte Wolf. Der Bürgermeister von Philadelphia, Jim Kenney, versprach, alles in seiner Macht Stehende für die Ergreifung und Bestrafung der Täter zu tun. Das Anne-Frank-Zentrum und das israelische Außenministerium verurteilten ebenfalls die Tat.

Erst vor knapp einer Woche war ein jüdischer Friedhof in St. Louis im Bundesstaat Missouri geschändet worden. Dort hatten Unbekannte über 150 Grabsteine beschädigt. Wenige Tage später beteiligte sich US-Vizepräsident Mike Pence an den Aufräumarbeiten.

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3 Kommentare

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  • Es ist die Folge einer Entgrenzung des Verhaltens von Menschen mit Vorbildfunktion sowohl in den Medien als auch Politikerverhalten, das suggeriert, sich alles, aber auch wirklich alles, erlauben zu dürfen, ohne je in die Schranken gewiesen oder zur Rechenschaft gezogen zu werden. Das machen sich Frustrierte begeistert zu eigen.

     

    Wenn dazu von Kindheit an keine regulierende Moderation von Erwachsenen stattfindet, die einen Rahmen bilden und Grenzen aufzeigen kann, dann braucht sich niemand zu wundern, dass auch bereits Kinder nicht wissen wann sie aufhören müssen auf andere einzuschlagen oder Schüler keine Grenzen im Internet-Mobbing kennen.

     

    In der heutigen Gesellschaft läuft etwas grundsätzlich falsch, besonders in der Richtung grenzenloser Freiheit. Jeder Mensch muss wissen, dass es diese nicht gibt -und das ist auch gut so-. Bereits beginnend in einem Friedhof, in dem Trauernde ihre Liebsten in Frieden zur Ruhe zu betten dachten.

    • @noevil:

      Selten solch einen guten Beitrag mit Analyse gelesen !

       

      "In der heutigen Gesellschaft läuft etwas grundsätzlich falsch"

       

      Genau das ist es und nicht wir als Bürger (der Souverän) sind daran beteiligt. Einzig und allein die Politiker, die ohne jegliche - tatsächliche - Verantwortung die Entgrenzung voran treiben und uns vor jeder Wahl, seit Jahrzehnten belügen.

  • Ein feiges Verbrechen.