Journalist:innen in Lateinamerika: Vage Hoffnung in Honduras
Am Donnerstag wird Honduras’ neue Präsidentin vereidigt. Journalist:innen wie Dina Meza hoffen, dass das Land mit ihr weniger gefährlich wird.
Journalist:innenmorde in Honduras: Dina Meza findet, man könne die Größe des Problems gar nicht überbetonen. „Mehr als neunzig Kolleg:innen starben von Oktober 2001 bis Oktober 2021 nach Attentaten und Anschlägen“, erklärt Meza, Gründerin der Onlinezeitung Pasos de Animal Grande (deutsch: „Schritte des großen Tiers“). Die Situation von Kolleg:innen, aber auch von Umweltaktivist:innen, von Minderheiten oder der LGBTIQ-Comunitiy im Land ist in Mezas etwas anderer Zeitung immer wieder ein Thema.
„Wir machen eine Zeitung, die sich für Grund- und Menschenrechte engagiert. Wir informieren, unterstützen und begleiten auch hin und wieder Kollegen vor Ort“, sagt die 59-Jährige. Über Proteste an den Unis des Landes hat sie berichtet, über monatelang währende landesweite Streiks im Gesundheits- und Bildungswesen im Frühjahr 2019 und natürlich auch über die Übergriffe von Polizei und Militärpolizei am Tag der Wahlen, dem 28. November.
Rund ein Dutzend Fälle von Polizeigewalt hat es da gegeben. Aber die Lage soll sich mit dem Amtsantritt von Präsidentin Xiomara Castro verbessern, so die Hoffnung von Dina Meza und vielen ihrer Kollegen. Darunter auch Rony Martínez vom kritischen Fernsehsender UNE-TV. Martínez brüllte vor exakt einem Jahr den Satz: „Sie behandeln uns wie Bestien“ heraus über das Vorgehen der Sicherheitsbehörden gegen akkreditierte Medienleute. Nun zieht der Fernsehjournalist als Abgeordneter von Libre, der Partei der neuen Präsidentin, ins Parlament ein. Castro wird am Donnerstag vereidigt.
Das sind gut Vorzeichen für eine Renaissance der unabhängigen Berichterstattung in Honduras. „Doch das wird kein Selbstläufer“, sagt Dina Meza. „Wir müssen an mehreren Punkten gleichzeitig ansetzen: Pressefreiheit, Ordnungskräfte, Justiz und Sicherheitsmechanismen.“
Einen „ganzen Apparat zurückbauen“
Unter der Regierung des noch amtierenden Juan Orlando Hernández wurden große Teile des Mediensystems korrumpiert. Meza sagt: „Die Sender und Blätter, die Anzeigen von der Regierung bekamen, verpflichteten sich de facto, die Sicht der Regierung eins zu eins weiterzugeben. Kritische Untertöne, Nachfragen: waren nicht vorgesehen.“
Dina Meza, Journalistin, über die Morde an ihren Kolleg:innen
Doch allein die Vergabe der Anzeigen politisch neu zu ordnen reicht nicht. Denn extrem wichtig sei auch, sagt der Lateinamerika-Verantwortliche von Reporter ohne Grenzen, Emmanuel Colombié, die Kolleg:innen vor Ort zu schützen. „2015 wurde der Schutzmechanismus eingerichtet, seit 2017 soll er funktionieren. Doch in der Realität hat der Mechanismus weder die nötige Unabhängigkeit noch einen eigenen Fonds.“ Dina Meza erinnert sich, wie sie mit einem Kollegen abgewiesen wurde, als sie um Schutz bat – Begründung: Ressourcenmangel.
Ein weiteres Problem ist aber die omnipräsente Straflosigkeit. „Von mehr als 90 Journalistenmorden wurden nur eine Handvoll aufgeklärt, in vier Fällen landeten die Täter im Gefängnis, nicht aber die Auftraggeber“, sagt Dina Meza. Genau da könnte die „Kommission zur Stärkung der Justiz“ zum Trumpf der designierten Präsidentin werden. Eine solche will sie bei den Vereinten Nationen nach dem Vorbild der „UN-Kommission gegen die Straflosigkeit“ in Guatemala beantragen. Die Kommission soll die Kontrolle aufbrechen, die die bisherige Regierung und die mit ihr verwobene nationale Partei über die Justiz ausübt.
„Das wird dauern“, prognostiziert Dina Meza. Zudem brauche man Journalisten. „Schon um zu erklären, was hier für ein immenser Apparat zurückgebaut werden muss.“ Sie gibt sich aber optimistisch gestimmt. Denn: Schreiben für den Wandel motiviere einfach.
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