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Journalistin veröffentlicht UN-DatenAttacke auf den Weltklimarat

Eine Journalistin stellt einen Entwurf des Weltklimaberichts 2014 ins Netz. So soll die Seriosität des UN-Gremiums IPCC erschüttert werden.

Klimaskeptiker klammern sich gerne an jede Welt, die ihnen in den Kram passt. Bild: SickRick/photocase.com

BERLIN taz | Zum dritten Mal innerhalb weniger Monate sind Teile eines frühen Entwurfs des nächsten Weltklimaberichts vorab an die Öffentlichkeit gelangt. Die kanadische Journalistin Donna Laframboise veröffentlichte auf ihrer Internetseite den Inhalt von drei USB-Sticks mit 2.465 Seiten der zweiten Arbeitsgruppe des Weltklimarats.

Eigentlich wäre das kaum erwähnenswert, würden nicht Klimaskeptiker daraus Kapital schlagen. Der Weltklimarat genannte IPCC ist ein Gremium der UN, das, in drei Arbeitsgruppen aufgeteilt, alle paar Jahre einen Bericht herausgibt, der den weltweiten wissenschaftlichen Stand der Klimaforschung zusammenfasst. Die Arbeitsgruppe II beschäftigt sich mit den Auswirkungen der globalen Erwärmung auf Menschen und Umwelt. Der letzte Bericht erschien 2007, der nächste wird Ende 2014 fertig.

Gleichzeitig ist der Bericht Grundlage der weltweiten Klimaschutzbemühungen, weshalb der Weltklimarat teilweise heftig attackiert wird – kaum aus der Wissenschaft, sondern von Lobbygruppen der Ölindustrie. Laframboise hat sich durch ihre Angriffe auf den IPCC einen Namen in konservativen US-Medien gemacht. In einem ihrer Bücher stellt sie beispielsweise die Behauptung auf, die Wissenschaftler, die dem Weltklimarat zuarbeiten, seien Anfänger in ihren Fächern – eine Behauptung, die mit der Realität nicht viel gemeinsam hat.

So ist auch das vermeintliche Leck eigentlich nichts Besonderes: Bis der Weltklimabericht fertig ist, vergehen Jahre. Hunderte Autoren schreiben, hunderte Prüfer sind damit beschäftigt, wissenschaftliche Publikationen auszuwerten. Allein der von Laframboise ins Netz gestellte Entwurf ist später mit über 19.000 Kommentaren versehen worden. Theoretisch kann sich jeder, auch Klimaskeptiker, als Prüfleser registrieren und Kommentare abgeben – die dann von Wissenschaftler geprüft werden.

Falsche Behauptungen

Diese Entwürfe vorab ins Netz zu stellen, hat Methode. „Ich halte das für die übliche Tätigkeit der Klimaskeptiker, wie vor dem vierten Sachstandsbericht. Das ist leider Routine“, sagt etwa Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimaforschung, einer der Leitautoren des vierten IPCC-Berichts.

Die Taktik: Statt den Bericht gründlich zu lesen, werden abseits der wissenschaftlichen Debatten falsche Behauptungen in die Welt gesetzt. Als der bis dato völlig unbekannte Blogger Alec Rawls im Dezember 2012 einen Entwurf der ersten Arbeitsgruppe ins Netz stellt, landete er einen Scoop.

Danach meldeten verschiedene Internetseiten aufgrund eines aus dem Zusammenhang gerissenen Schaubilds, der IPCC hätte einen Stopp der globalen Erwärmung bestätigt – bei solchen Behauptungen schütteln Wissenschaftler wie Rahmstorf nur den Kopf.

Übrigens: Die taz berichtete im November exklusiv über den Entwurf der ersten Arbeitsgruppe des IPCC, stellte den Bericht aber nicht ins Netz. Die Tendenz: Der Klimawandel ist kaum mehr unter zwei Grad Erwärmung zu begrenzen – darüber werden die Auswirkungen unkontrollierbar.

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9 Kommentare

 / 
  • VD
    V. des Gustin

    Seltsamer Vorgang.

     

    Eine Journalistin zerrt geheime Dokumente, an denen ein allgemeines Interesse besteht, ans Licht der Öffentlichkeit.

     

    Statt der Berufskollegin Tribut für investigativen Journalismus zu zollen, empört sich die taz über derat unpassenden Berufseifer.

     

    Merke: nur "kritischer Journalismus", der das eigene Weltbild nicht in Frage stellt, gilt der der taz etwas. Was natürlich viel über die Begrenztheit des Weltbilds sagt...

  • UH
    Udo Henn

    Da die IPCC-Berichte nicht das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt sind, spielt es auch keine Rolle, ob oder wann sie veroeffentlicht warden.

  • F
    Fossilienfreund

    @locher u.a.

    wie blöd muss man eigentlich sein, um auf die Lobbykampagne der "Klimaskeptiker" reinzufallen? Und was ist bei einer Journalistin "mutig", die dem Kapital nach dem Mund schreibt?

     

    Die größten Milliardengewinne machen immer noch Ölkonzerne sowie Energieversorger, die auf die dreckige Kohle setzen. Dabei ist es ihnen egal, ob sie die Zukunft der kommenden Generationen kaputt machen, indem sie die ganze Erde und die Atmosphäre als Müllhalde benutzen.

     

    Das Arktiseis schmilzt, der Meeresspiegel steigt, die Wetterextreme nehmen zu, an Weihnachten war fast Frühling, die letzten 10 Jahre sind die mit Abstand wärmsten seit der Wetteraufzeichnung ...

     

    Die Ölbarone und die großen Stromkonzerne lachen sich ins Fäustchen und scheffeln ihre Milliarden, und die "Skeptiker" wie locher meinen, sie wären ach so unabhängig in ihrem Denken. Dabei sind sie nur Helfershelfer einer zerstörerischen profitgeilen fossilen Industrie. Echt armselig.

  • PS
    Peter S.

    Konterrevolutionäre Elemente, gedungene subversive Elemente der Öllobby, Spalter und Ewiggestrige hetzen gegen die Avantgarde der Klimawissenschaftler. Ich bin empört.

  • L
    Locher

    Das IPCC ist ein Club alter weißer reicher Männer - eine mutige Journalistin zweifelt deren uralte, längst als Lügen entlarvte Thesen an. Und wer ist jetzt die Böse? Offenbar hat der Ingo ein Problem mit denkenden Frauen! Wach auf, Ingo, die miefigen 60er sind vorbei, Frauen denken jetzt auch mit!

     

    Die lahmen Uralt-Lügen des IPCC scheinen gut zu Deiner antiquierten Macho-Denkweise zu passen.

     

     

    REDAKTION: Kommentar gekürzt, bitte vermeiden Sie Beleidigungen.

  • ES
    Eckhard Schulze

    @ Ingo Arzt

    Sie schreiben:,,Danach meldeten verschiedene Internetseiten aufgrund eines aus dem Zusammenhang gerissenen Schaubilds, der IPCC hätte einen Stopp der globalen Erwärmung bestätigt – bei solchen Behauptungen schütteln Wissenschaftler wie Rahmstorf nur den Kopf."

    Das Schaubild ist aus keinem Zusammenhang gerissen. Es vergleicht völlig eigenständig die Temperaturprognosen der letzten vier IPCC Berichte mit den gemessenen Globaltemperaturen.

    Jeder kann erkennen, dass diese auf Rechenmodellen basierenden Prognosen nichts mit der Realität zu tun haben. Da kann ich gut verstehen, dass ein Wissenschaftler-ebenso wie Herr Rahmstorf bin ich selbst Physiker-mit dem Kopf schüttelt.

  • H
    Helga

    Drei Aussagen von ähnlichem Wahrheitsgehalt:

     

    1. Den Holokaust hat es nie gegeben.

     

    2. Ingo Arzt sieht besser aus als Markus Schenkenberg.

     

    3. Der Weltklimarat ist ein seriöses, unabhängiges Gremium voll kompetenter Experten und nicht etwa nur eine Marionette billionenschwerer Öko-Konzerne.

  • KR
    Karl Rannseyer

    Das „Met Office“ hat gerade seine Prognosen für den Anstieg der globalen Temperatur in den nächsten Jahren radikal heruntergestuft. Das „Met Office“ ist einer der Hauptlieferanten von Daten für´s IPCC und geht bis 2020 von einer "bleibenden" Temperaturlage statt einer steigenden aus. Damit werden sämtliche bisherigen Modellrechnungen der Klimaforscher Abfall für die Restmülltonne, da keines dieser Millionenkostenden Modelle eine Temperaturstagnation trotz CO2 Anstiegs prognostizierte. Was ich nicht verstehe ist, wie die Linken sich vor den Regierungskarren Global Warming haben spannen lassen, dem einfachen "Mann" wird die Knete aus der Tasche gezogen um über das EEG (in -D-) irgendwelchen Grünen und SPD - nahen Lobbyisten erkleckliche Pfründe zukommen zu lassen. Der Witz dabei, durch den Einsatz von so genannter regenerativer Energie wurde nicht eine Tonne CO2 gespart, im Gegenteil. Man könnte also sagen, die gesamte links/Grüne Basis ist voll verarscht worden und alle anderen müssen den Wahn mitbezahlen, den diese dann entfesselte.

  • E
    Energetisch

    Liebe Taz Redaktion,

    sollte der obigen Artikel nicht eine paar zusätzliche Aspekte enthalten?

     

    Wenn der Bericht des IPCC eine seriöse wissenschaftliche Grundlage hat, dann werden Skeptiker sich in diesem vollumfänglich repräsentiert sehen. Wissenschaft besteht darin Hypothesen an der Realtität zu messen und entweder Korrektheit oder ihre Falsifizierung festzustellen. In diesem Fall sind sie hinfällig und müssen aufgegeben oder korrigiert werden.

    Vorraussetzung ist allerdings, daß echte Hypothesen präsentiert werden. Diese muß insbesondere überprüfbar sein und die Fakten beinhalten anhand derer sie verfiziert werden kann.

     

    Dieses Kriterium verletzt und verletzte der IPCC aber nach Belieben (Hockeystick, Klimaextreme, Anstieg des Meeresspiegels, Gletscherschmelze, Eisbären), deswegen hat sich aus der anfänglichen Kritik eine Bewegung geformt, die die IPCC-Berichte in ihre Einzelteile zerlegt und jeden Fehler oder Verstoß gegen wissenschaftliche Grundsätze ans Licht zerrt. Dabei handelt es sich nicht selten um Aussteiger aus dem IPCC-Prozess - die betreffenden Wissenschaftler führen die Debatte auf diese Art weiter.

     

    Aber die Taz hat natürlich auch noch Platz für die üblichen pauschalen Diffamierungen - zu behaupten jemand werde von der Ölindustrie bezahlt sollte man vielleicht belegen?

     

    Soweit ich sehe gibt es auch keine Wiederlegung der Auflistung der beteiligten Personen am IPCC Bericht und ihrer Qualifikation durch Frau Laframboise. Diese Angaben decken sich mit öffentlich verfügbaren Infos aus Lebensläufen, öffentlichen Auftritten, Veröffentlichungen etc.

    Wer ist hier genau gemeint?

     

    mfg