piwik no script img

JournalistenLammert soll Ermittlungen stoppen

Die Opposition hat Bundestagspräsident Lammert aufgefordert, seine Ermächtigung für die Ermittlungen gegen Journalisten zurückzuziehen.

Sitzungssaals des BND-Untersuchungsausschusses Bild: dpa

FREIBURG taz Der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele will, dass die Strafverfolgung wegen Geheimnisverrats aus dem BND-Untersuchungsausschuss sofort beendet wird. "Norbert Lammert, der Bundestagspräsident, muss nur die Ermächtigung zur Strafverfolgung zurückziehen. Dann kann auch nicht mehr gegen Journalisten wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat ermittelt werden", sagte Ströbele der taz. Die anderen Oppositionsvertreter im Untersuchungsausschuss, Max Stadler (FDP) und Wolfgang Neskovic (Linke), schlossen sich der Forderung an.

Laut Strafgesetzbuch wird der Geheimnisverrat von Abgeordneten und ihren Mitarbeitern "nur mit Ermächtigung verfolgt". Die Ermächtigung ist vom Bundestagspräsidenten zu erteilen, der dabei eine Ermessensentscheidung trifft. Im konkreten Fall folgte Lammert einer Anregung von Mitgliedern des BND-Ausschusses.

Diese Ermächtigung kann der Bundestagspräsident laut Gesetz bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens zurücknehmen. Dann muss die Staatsanwaltschaft die Verfahren sofort einstellen. "Lieber blasen wir die Ermittlungen wegen des Lecks im Untersuchungsausschuss ganz ab, als dass wir nur gegen Journalisten ermitteln", sagte FDP-Mann Stadler der taz.

Stadler hatte zunächst die Ermächtigung befürwortet, wollte sie aber nur auf Abgeordnete und ihre Mitarbeiter beschränkt sehen; Journalisten sollten ausdrücklich ausgenommen bleiben. Die Bundestagsverwaltung hält dies aber nicht für möglich. "Die Ermächtigung kann nicht mit Bedingungen eingeschränkt werden", erklärte gestern ein Sprecher. Das sieht das Bundesjustizministerium aber anders: "Die Ermächtigung kann wie ein Strafantrag auf einzelne Personen oder Gruppen von Personen beschränkt werden", sagte eine Sprecherin von Ministerin Zypries der taz. Wenn man dieser Ansicht folgt, könnte die Ermächtigung auch nachträglich noch auf Abgeordnete und ihre Mitarbeiter beschränkt werden.

Bundestagspräsident Lammert hat im Zusammenhang mit dem BND-Ausschuss bereits dreimal die Ermächtigung zur Strafverfolgung gegeben. Daraus rührten neben den erst jetzt bekannt gewordenen Ermittlungsverfahren auch Verfahren gegen Journalisten von Financial Times Deutschland, Stern und stern.de. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Hamburg ist zumindest das Verfahren gegen den FTD-Mann Timm Krägenow eingestellt. Beobachter rechnen damit, dass auch die übrigen Verfahren gegen Journalisten bald ergebnislos eingestellt werden.

Wie man Strafverfahren von vornherein vermeidet, zeigt die Bundesregierung. Im Kanzleramt wurden alle in Frage gekommenen Mitarbeiter befragt, ob sie Geheimnisse verraten haben. Diese gaben dann jeweils dienstliche Erklärungen ab, dass sie nicht gegen das Strafrecht verstoßen hätten. Daraufhin verzichtete das Kanzleramt auf die Ermächtigung zur Strafverfolgung. Die Strafverfahren gegen Journalisten gehen deshalb ausschließlich auf die Ermächtigung von Bundestagspräsident Lammert zurück.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!